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Sport: Nette Kerle

Stuttgart spielt sich systematisch ins Abseits

Während des Spiels hatte er nicht reagiert. Matthias Sammer, den die Liga früher mal „Rumpelstilzchen“ nannte, weil er cholerische Ausbrüche gehabt hatte, war sitzen geblieben. Und zwar 90 Minuten lang, wohlgemerkt. Wie versteinert hatte der Trainer des VfB Stuttgart lange Zeit die 0:2-Auswärtsniederlage seines Teams bei Borussia Mönchengladbach verfolgt. Durch diese Niederlage haben die Schwaben den Sprung auf Platz zwei der Fußball-Bundesliga fahrlässig verspielt. Manchmal nur blickte Sammer entsetzt zu Krassimir Balakow, seinem ebenso fassungslosen Assistenten. Dabei wären cholerische Reaktionen diesmal passend gewesen. Denn Stuttgarts Leistung grenzte an Arbeitsverweigerung.

Schon nach ein paar Sekunden hatte Sammer ein ungutes Gefühl. „Es ging schon los mit dem Anstoß, den wir sofort verloren haben“, sagte er später. Schon da hatte er „Tendenzen erkannt, die eindeutig sind“. Er sollte bestätigt werden. So zum Beispiel Sekunden vor dem Halbzeitpfiff, als der Ball bei einer Flanke an fünf VfB-Abwehrspielern vorbeirollte und Milan Fukal vor die Füße fiel. Aber der vergab. Doch zu diesem Zeitpunkt stand es schon 2:0 für Gladbach. Neuville und Sverkos hatten getroffen.

Die Stuttgarter schossen nur einmal gefährlich auf das Gladbacher Tor: Elson zog aus gut 25 Metern ab. Aber da war eigentlich alles schon gelaufen, weil der Stuttgarter Fernando Meira direkt nach dem Wiederanpfiff nach einer Gelb-Roten Karte vom Platz geflogen war. Die Stuttgarter spielten fast 45 Minuten lang in Unterzahl. Einige VfB-Profis immerhin zeigten sich selbstkritisch. „Heute fehlte es uns an allem: an Klasse, an Kampfkraft, an Nerven“, sagte Stürmer Kevin Kuranyi. Und Keeper Timo Hildebrand räumte ein, bei den zwei Gegentoren „meinen Beitrag geleistet zu haben“. Allerdings sagte Hildebrand auch: „Noch ist nichts passiert.“ Denn die direkten Konkurrenten Hertha BSC und Schalke 04 hätten ja auch gepatzt. Doch diese Analyse machte Sammer ungemein wütend. Hildebrand liege falsch, polterte er. Denn Stuttgart ist dabei, die Teilnahme an der Champions League zu verspielen.

Zwei Gründe sind für Sammer wesentlich für diesen Leistungsabfall des Teams. Einerseits „ist der Grundcharakter der Mannschaft zu gut“. Die Schwaben, heißt das, gehen nicht konsequent genug in die Zweikämpfe. Zweitens sei es zuletzt in Stuttgart zu harmonisch zugegangen. Nach den Misserfolgen der letzten Wochen sei intern zwar viel gesprochen worden. „Aber der Druck von außen fehlte“, sagte Sammer. Dann philosophierte er über die Unterschiede zwischen der „produktiven Abstiegsangst“ auf Seiten der Gladbacher und dem „weniger leistungsfördernden Druck“, der sich aus der Tabellenposition Stuttgarts ergebe. Aber nun, drohte Sammer, werde er „den Druck erhöhen“. Im Klartext: verschärftes Training.

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