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Sport: Neu und doch althergebracht

Richard Leipold über das Schalker Finanzierungsmodell Der Sportplatz FußballBundesliga entwickelt sich weiter zum Finanzplatz. Nach dem Börsengang des aktuellen Deutschen Meisters Borussia Dortmund bedient sich nun auch Schalke 04, der zweite bedeutende Klub des Ruhrgebiets, auf dem Kapitalmarkt.

Richard Leipold über das

Schalker Finanzierungsmodell

Der Sportplatz FußballBundesliga entwickelt sich weiter zum Finanzplatz. Nach dem Börsengang des aktuellen Deutschen Meisters Borussia Dortmund bedient sich nun auch Schalke 04, der zweite bedeutende Klub des Ruhrgebiets, auf dem Kapitalmarkt. Der frühere Arbeiterverein leiht sich 85 Millionen Euro bei Investoren aus den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Mit dieser Anleihe, die eine Laufzeit von 24 Jahren hat, liefern die Schalker einen finanztechnischen Gegenentwurf zu den Branchenführern Bayern München und Borussia Dortmund. Die beiden Konkurrenten hatten sich jeweils über den Verkauf von Aktien beträchtliche Mittel verschafft. Während Borussia Dortmund vor zwei Jahren beim Gang an die Börse knapp 150 Millionen Euro erlöste, veräußerten die Bayern, die nicht an der Börse notiert sind, zehn Prozent ihrer Aktien für insgesamt 75 Millionen Euro an die Herzogenauracher Sportartikelfirma Adidas.

Die Schalker indes meiden das glatte Parkett der Börse. Sie gehen bei der Beschaffung von Kapital andere Wege: Zum einen erhalten sie ihr Geld von internationalen Anlegern, angeblich von Versicherungen und Investmentbanken. Zum anderen müssen die Schalker erhebliche Mittel für Zins und Tilgung aufbringen – acht bis neun Millionen Euro pro Jahr, wie Finanzvorstand Josef Schnusenberg ankündigt. Auch wenn die Schalker „nur" 85 Millionen erhalten, werden bei diesem Anleihegeschäft, auf die Laufzeit von 24 Jahren hochgerechnet, etwa 200 Millionen bewegt, weit mehr als beim Börsengang der Dortmunder Borussia.

Mit der lang laufenden Schuldverschreibung, die im November unterzeichnet werden soll, umkurven die Schalker aktuelle Engpässe. Der Klub leidet nicht nur unter den Folgen der Kirch-Krise, auch die Vermarktung der Arena hat die Erwartungen bisher nicht erfüllt, jedenfalls was Veranstaltungen außerhalb des Sports betrifft. Verhandlungen mit Weltstars wie Elton John, Robbie Williams oder Depeche Mode haben sich zerschlagen. Die Vertreter von Konzertagenturen fühlen sich auf Schalke nicht gut behandelt. Der Schalker Manager Rudi Assauer verhandelt lieber mit Sportlern; Biahtleten oder das American-Football-Team von Rhein Fire sind herzlich willkommen im Schalker Freizeitpark, der mit dem Geld aus Übersee und Großbritannien um ein Hotel und andere Bauten erweitert werden soll. Den Agenten internationaler Showstars indes trauen Assauer und Schnusenberg nicht über den Weg.

Die neuen Partner aus der Finanzbranche liegen ihnen offenbar besser. Mit ihrem jüngsten Millionendeal sind die Schalker dem Vorbild des italienischen Klubs AC Parma und einiger Unternehmen aus der englischen Premier League gefolgt. Wie das Beispiel Parma zeigt, sichern solche Transaktionen aber nicht unbedingt dauerhaften Wohlstand. Für die Bundesliga mag das Finanzierungsmodell aus Gelsenkirchen einzigartig sein. Dennoch zeigt es, wie sehr die Gelsenkirchener Traditionalisten letztlich am Althergebrachten hängen. Sie leihen sich Geld und verpfänden einen Teil ihrer ursprünglichsten Einnahmequelle: Erträge aus dem Verkauf von Eintrittskarten. Und angesichts der immensen Kosten für Zins und Tilgung gilt für die Schalker das gleiche, was im kleineren Maßstab auch für die meisten Häuslebauer auf dem Lande gilt: Der Vater darf nicht arbeitslos werden.

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