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Sport: Neue gegen alte Schule

Die unterschiedlichen Philosophien der Play-off-Gegner Eisbären und Krefeld

Berlin - Derrick Walser bedauert, dass der Frühling noch nicht den Durchbruch im Lande geschafft hat. „Wenn die Play-offs beginnen, sind die Temperaturen draußen üblicherweise viel angenehmer als zurzeit“, sagt der Verteidiger in Diensten des Deutschen Eishockey-Meisters EHC Eisbären. Walser lächelt. Selbstverständlich ist es nicht so, dass sich der Kanadier vor der heute beginnenden Endrunde in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) vorrangig mit den Wetteraussichten beschäftigen würde. „Natürlich haben wir vor allem Krefeld im Sinn, unseren Viertelfinalgegner.“ Und natürlich denken sie schon darüber hinaus. „Denn die Finalserie möchte ich nicht vom Sofa aus im Fernsehen verfolgen“, sagt Walser.

Das Unternehmen Titelverteidigung beginnt für den Hauptrundensieger Eisbären heute mit dem ersten Spiel in der nach dem Modus „Best of seven“ gespielten Play-off-Serie gegen den Achten Krefeld Pinguine im Sportforum (19.30 Uhr, es gibt an der Abendkasse noch Karten). Trainer Pierre Pagé, unter dessen Regie die Berliner innerhalb von vier Jahren zum überragenden Team der DEL geworden sind, will in seiner bekannt akribischen Art in der entscheidenden Saisonphase nichts dem Zufall überlassen. Am gestrigen Training nahm sogar ein neuer Torwarttrainer teil. Josef Dusek ist nicht umsonst ein Landsmann von Tomas Pöpperle, denn der Berliner Torwart beherrscht nur seine tschechische Muttersprache sehr gut. „Dusek wird uns durch die Play-offs begleiten“, sagt Pagé. Das klingt wie eine Kampfansage an Krefeld, ein Ausscheiden im Viertelfinale wird in Berlin nicht einkalkuliert. Viermal haben sie die Pinguine in der Hauptrunde in vier Spielen bezwungen. Walser sagt: „Wenn wir Mittwoch frühe Tore schießen und von Beginn an dominieren, werden die nach der fünften Niederlage gegen uns den Glauben an ihre Chance verlieren.“

Vor der Serie aber glauben sie beim Außenseiter an ihre Chance. Ihr Trainer Teal Fowler hat einen Plan erstellt, wie dem übermächtigen Gegner beizukommen ist. „Wir müssen selbstbewusst auftreten, damit die Berliner Fans im Sportforum nicht zu laut werden, und wir dürfen nur von Drittel zu Drittel denken“, sagt Fowler. Das hört sich nicht nach modernster Eishockey-Philosophie an und passt doch zu den Pinguinen. Denn in der Serie zwischen Berlin und Krefeld treffen grundverschiedene Mannschaften aufeinander: Die Rheinländer sind sozusagen ein DEL-Team der alten Schule. Einen Luxus wie einen Torwarttrainer leisten sich die Pinguine nicht, dafür aber eine erfahrene Auswahl, die sich auf die Fertigkeiten ihrer ausländischen Stürmerstars stützt. Das sind der Russe Alexander Seliwanow, Richard Pavlikovsky aus der Slowakei, Herbert Wassiljews aus Lettland und einige Kanadier um den in Berlin noch aus seinen Zeiten bei den Capitals bekannten Rob Guillet. Der einzige deutsche Leistungsträger ist Nationaltorwart Robert Müller. Offensiv ist Krefeld stark, Berlins Trainer Pagé nennt Seliwanow gar eine „Tormaschine“. Der Russe trifft gern im Powerplay, mit der Defensivarbeit haben es Seliwanow und die anderen Stars nicht so sehr: Topscorer Seliwanow etwa war häufiger bei einem Gegentor als bei einem erzielten Tor auf dem Eis.

Die Eisbären stützen sich auf eine modernere Philosophie als der Gegner, haben einen breiteren Kader und mehr gute deutsche Spieler in ihren Reihen. Die qualitativ besser besetzten Eisbären sind Favorit gegen Krefeld. Aber was heißt das schon, liegen doch die acht Play-off-Teilnehmer vom Leistungsvermögen nicht so weit auseinander. Don Jackson, Coach der Düsseldorfer EG, findet sogar: „Der Trainer, der da vor den Play-offs Titel verspricht, muss schallendes Gelächter ernten.“ Vergangene Saison war Jackson noch Kotrainer in Berlin. Einen Titelfavoriten hat der US-Amerikaner trotzdem: „die Eisbären.“

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