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Sport: Neue Heimat gegen alte Heimat

In seinem ersten Spiel trifft Eishockey-Bundestrainer Poss heute auf die USA

Berlin Greg Poss ist heiser. „Macht nichts“, sagt er und hustet. „Das geht jetzt schon seit einer Woche so.“ Seit der US-Amerikaner ein Interview nach dem anderen gibt. „Aber das ist jetzt ein Teil meiner Arbeit. Ich muss in Deutschland die Sportart Eishockey verkaufen.“ Mehr als jeder andere: Denn heute steht Poss beim ersten Spiel des Deutschland-Cups gegen die USA in Hamburg erstmals als Bundestrainer hinter der Bande. „Ausgerechnet die USA“, sagt er. „Das ist die Ironie des Schicksals.“

Das Schicksal hat es bisher gut mit Poss gemeint. Vor 39 Jahren wurde er in New Orleans geboren, seine Eltern zogen ein halbes Jahr später nach Wisconsin. Dort kam Poss zum Eishockey. Die Karriere als Spieler beendete er wegen einer Verletzung früh. Seine zweite Laufbahn begann mit 25. „Ich habe mich hochgekämpft“, sagt er. In Iserlohn. Als Trainer in der Oberliga, in der Zweiten Liga und in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Seit 2003 betreut Poss den Spitzenklub Nürnberg Ice Tigers. Und als ihm im Vorjahr der US-Verband die Stelle als Kotrainer beim Nationalteam anbot, zögerte er nicht. „Es ist ungewöhnlich, dass die einen in Europa tätigen Trainer überhaupt auf der Liste haben.“

Die Amerikaner wussten, wen sie sich holten: Einen ehrgeizigen Trainer, der optisch das Klischee vom dynamischen Jungunternehmer erfüllt und der immer nach oben will. Das Team USA gewann im Vorjahr den Deutschland-Cup, wurde bei der WM in Prag Dritter. Poss’ Anteil am Erfolg soll größer als der des Cheftrainers gewesen sein. Poss überhört es. Er versteckt seine Eitelkeit, anders als sein Vorgänger Hans Zach, der oft um sich herum polterte. Poss will auch anders spielen lassen. Zach führte das deutsche Eishockey mit defensiver Taktik wieder in die Weltspitze. „Ich habe eine andere Philosophie“, sagt Poss. „Ich nominiere nur schnelle Stürmer. Wir wollen Druck auf den Gegner ausüben.“

Dabei ähneln die Auftritte des neuen Bundestrainers, der weiter auch als Klubtrainer tätig sein wird, während des Spiels denen seines Vorgängers. Da schreit Greg Poss, tobt und diskutiert mit dem Schiedsrichter. „Da bin ich Bauchmensch.“ Abseits der Eisfläche ist das anders. „Du musst als Trainer immer einen neuen Weg finden, die Spieler anzusprechen. Wenn du immer mit der gleichen Masche kommst, hört dir keiner mehr zu.“ Prinzipiell suggeriere er den Spielern, dass sie „viel Verantwortung haben“. Das gelte erst recht für das Nationalteam. Und Poss redet von „Stolz“ und „Ehre“. „Meine Frau ist Deutsche, meine Töchter sind Deutsche. Das ist hier meine neue Heimat.“

Heute geht es für den neuen Bundestrainer gegen die alte Heimat. Und die tritt mit 17 Spielern aus der momentan nicht spielenden Profiliga NHL an – gegen ein deutsches Team, das auf seine erfolgreichsten DEL-Spieler verzichtet: die verletzten Stürmer Marco Sturm und Thomas Greilinger. „In dieser Situation können wir nur wachsen. Zach hat das Team in die Weltspitze geführt. Wir wollen beweisen, dass das zu Recht geschehen ist“, sagt Poss. Aber das ist ihm nicht genug. „Defensiv zu spielen, war ja ganz schön. Aber jetzt haben wir deutsche Spieler, die mehr können.“

Heute im Fernsehen:

Eishockey: Deutschland - USA,

live im DSF

SPIELBEGINN 19.45 UHR

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