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Sport: Neue Heimat München

Lukas Podolskis Wechsel zu den Bayern ist kurz vor dem WM-Start perfekt

Lukas Podolski ist ein Mensch, der sich von äußeren Einflüssen noch nie besonders hat irritieren lassen. „Ich mach mir kein’ Kopp“, sagt er immer dann, wenn sich andere Leute mal wieder mehr um ihn sorgen als er selbst. Angesichts der öffentlichen Begehrlichkeiten, die der Stürmer des 1. FC Köln seit seinem Erscheinen auf der großen Bühne geweckt hat, ist das eine bewundernswerte Eigenschaft. In der vorigen Woche, beim Trainingslager in Genf, ist der knapp 21-Jährige wieder einmal auf seine berufliche Zukunft angesprochen worden: Muss er in Köln bleiben? Darf er zu den Bayern? Einigen sich die Vereine noch rechtzeitig? Was ist mit dem Ultimatum? Immer dieselben Fragen. Podolski sagte: „Poldi zu Servette Genf.“ Dann lachte er.

Lukas Podolski hat auch gestern wieder gelacht, nachdem seine berufliche Zukunft endlich abschließend geregelt worden war. Der Nationalstürmer wechselt doch nicht zu Servette Genf, sondern wie erwartet zum FC Bayern München. Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich der 1. FC Köln und die Bayern am Mittwochabend auf einen sofortigen Transfer Podolskis geeinigt. Zehn Millionen Euro soll der Absteiger in die Zweite Liga dafür bekommen, dass er Podolski vorzeitig aus seinem noch zwei Jahre laufenden Vertrag entlässt. „Man sollte niemanden zwingen“, sagte Wolfgang Overath, der Präsident des 1. FC Köln. „Die Bayern waren sehr fair zu uns.“

Nachdem Michael Ballack, der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, kurz vor dem Start der WM-Vorbereitung seinen Wechsel zum FC Chelsea bekannt gegeben hatte, ist nun eine Woche vor dem Eröffnungsspiel die zweite wichtige Personalie geklärt. „Das ist eine absolut positive Nachricht für uns“, sagte Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, zu Podolskis Wechsel nach München. Die „ständige Nachfragerei und Diskutiererei“ sei jetzt vorbei, „gerade für junge Spieler ist es sehr wichtig, zu wissen, wo sie nach der WM spielen“. Ballack, der die Bayern nach vier Jahren verlässt, hat seinen ehemaligen Arbeitgeber nie anders erlebt: „Dafür sind die Bayern ja bekannt, dass sie immer im Interesse des Spielers handeln.“

Und im Interesse der Nationalmannschaft natürlich. Bei Vertragsverhandlungen kurz vor oder während der WM verstehen die Deutschen traditionell wenig Spaß – anders als andere Nationen. Bei der WM 1974 durfte der Trainer des FC Barcelona ganz offiziell im Mannschaftshotel der Holländer mit Johan Neeskens verhandeln. Ein wenig vereinfacht wurde die Angelegenheit dadurch, dass Rinus Michels, Barcelonas Trainer, in Personalunion Bondscoach des niederländischen Nationalteams war. In Deutschland hingegen hat Bundestrainer Berti Vogts noch 1998 dekretiert, dass jeder Spieler vor der WM seine vertragliche Situation geregelt haben müsse. Von einer solchen Rigidität ist die aktuelle sportliche Leitung weit entfernt. Oliver Bierhoff hat schon vor einem Jahr, vor dem Confed-Cup, gesagt: „Wir haben kein Problem damit, wenn Spielerberater oder Vereinsvertreter im Mannschaftshotel auftauchen.“

Lukas Podolskis Umgang mit dem Wirbel um seine Person hat bisher keinen Anlass dazu gegeben, diese Linie zu überdenken. „Wieso sollte mich das belasten?“, hat er in der vergangenen Woche gesagt. „Die Vereine werden sich schon einigen.“ Den zwingenden Abschied aus Köln hat Podolski mit fast professioneller Härte zur Kenntnis genommen. „Es war eine sehr schöne Zeit in Köln, ich habe seit der D-Jugend für den FC gespielt“, sagte er. „Aber noch ein Jahr Zweite Liga wäre für mich nicht okay gewesen.“

Podolski hat die Erfahrung schon in der Saison 2004/05 gemacht. Obwohl er als Nationalspieler an der Europameisterschaft teilgenommen hatte, blieb er in Köln und schoss den Verein fast alleine zurück in die Bundesliga. Beim FC war er der herausragende Spieler in einer bestenfalls mittelmäßigen Mannschaft, in München wird er ein Star sein unter vielen. „Es war eine rein sportliche Entscheidung“, sagt Podolski. „Ich will mich mit den Besten messen, auch im Training.“ Bisher hat er diese Erfahrung nur sporadisch, im Kreis der Nationalmannschaft, gemacht.

Langfristig kann der deutsche Fußball von Podolskis Wechsel nach München nur profitieren, kurzfristig schadet er ihm zumindest nicht. Die Deutschen sind bisher immer nur dann Weltmeister geworden, wenn mindestens ein Kölner in der Mannschaft stand: 1954 Hans Schäfer, 1974 Wolfgang Overath, 1990 Bodo Illgner, Pierre Littbarski und Thomas Häßler. Podolskis Vertrag beim FC Bayern wird aus versicherungstechnischen Gründen erst am 10. Juli wirksam – am Tag nach dem WM-Finale.

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