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Sport: Neue Heimat

Die NFL Europa setzt auf Kontinuität: Künftig bleiben pro Footballteam zwei Spieler – von 51

Berlin - Die beiden großen Männer mit den Pommes-Tüten in der Hand tragen Football-Trikots. Sie sind Chinesen und kommen aus der Kabine von Berlin Thunder, Friesenhof 1, am Olympiastadion. Das müssten sie doch sein, die Kicker vom Berliner Footballteam Thunder, oder? „Are you the kickers from Thunder?“, fragt einer. Achselzucken. Freundliches Lächeln, ein zaghaftes Nicken. Ein anderer Mann im Thunder-Trikot stellt sich dazu, er spricht gut Englisch. Ob er übersetzen könne? „Nein, nein, ich spreche doch kein Chinesisch.“ Lachend geht er weg. Die beiden Asiaten stehen noch da, sie essen in aller Ruhe ihre Pommes Frites. Einer spricht ja doch ein wenig Englisch. Ja, sie seien die Kicker, aber sie werden wohl erst 2009 spielen, sagt er. 2009?

„Die beiden werden langsam an den Profi-Football herangeführt. Denn ursprünglich sollte 2008 ein Testspiel der amerikanischen National Football League in Peking stattfinden – und da hätten beide als einheimische Identifikationsfiguren mitspielen sollen. Aber die Sache ist auf 2009 vertagt worden“, sagt Folke Waack, Sprecher bei Thunder. Jetzt sind sie erst mal da, die beiden künftigen Testspiel-Kicker für den asiatischen Markt und trainieren mit. Mitspielen aber dürfen Long Ding und Wei Gao nicht, wenn Thunder heute am ersten Spieltag in Düsseldorf bei Rhein Fire antritt.

Die Berliner Chinesen gehören nicht richtig dazu, und von der NFL Europa könnte man das Gleiche behaupten. Die Liga heißt nun nicht mehr NFL Europe, sondern NFL Europa – außer dem Team aus Amsterdam stammen alle Mannschaften aus Deutschland. Mit dem neuen Namen wird dem Vorhaben der Mutterliga aus den USA Rechnung getragen, sich statt, wie einst geplant, auf dem ganzen Kontinent in der 15. Saison wenigstens in einem Kernmarkt zu etablieren.

Es gibt in Deutschland zwar ein Stammpublikum, der Zuschauerschnitt war in der vergangenen Saison aber leicht rückläufig und lag bei 18 000 Besuchern. Einen richtigen Platz in der Welt des europäischen Sports hat Football noch nicht gefunden. 80 Prozent der Spieler sind neu in der Liga. Identifikation mit den Profis ist für die Fans in der zehn Wochen langen Saison bis zum Finale am 23. Juni kaum möglich.

Die NFL Europa versucht dieses Problem von zwei Seiten anzugehen. Einerseits gibt es bereits in dieser Saison so- genannte „Continuity Player“. Jedes Team hat zwei Spieler ausgewählt, die es aus dem vergangenen Jahr zurückbekommen hat. Weil die NFL Europa vor allem Spieler für die nordamerikanische Mutterliga ausbilden soll, war das in der Vergangenheit nicht üblich. Allerdings besteht Thunders Kader aus 51 Spielern. Die Zahl der „Continuity Player“ soll nun jedes Jahr angehoben werden.

Andererseits sollen an den Spieltagen noch mehr Erlebnisse abseits des Sports angeboten werden, als das ohnehin schon der Fall war. Vor dem Olympiastadion wird es bei Thunders Heimspielen zum Beispiel eine Go-Kart-Bahn geben, die man kostenfrei nutzen kann. Das Spiel wird auf einer großen Leinwand nach draußen übertragen – und wer will, kann auch Eintritt zahlen, beim stundenlangen Fanfest verweilen und von dort aus hinüber zum Spiel ins Olympiastadion gehen. „So wollen wir Leute ansprechen, die sonst eigentlich nicht viel mit Football zu tun haben“, sagt Folke Waack. Die beiden Chinesen könnten auch mitfahren im Go-Kart – denn sie spielen ja nicht.

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