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Neue Meldebestimmungen: Berliner Fußball-Verband: Einen Schritt voraus

Während andere zögern, hat der Berliner Fußball-Verband Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch ergriffen. Aber die Skepsis bleibt.

Berlin - Ohne Zweifel hätte Gerd Liesegang einiges zu berichten. Schon lange versucht der Vizepräsident des Berliner Fußball-Verbandes (BFV), das Thema „sexueller Missbrauch von Kindern in Sportvereinen“ in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Aber wenn sich am heutigen Freitag Vertreter aus Sport, Kirche und Bildung auf Einladung der Bundesregierung zu einem Runden Tisch treffen, wird Gerd Liesegang nicht mit dabei sein.

Teilnehmen werden Vertreter von der Bundesebene, nicht von der Basis, und wer im Einzelnen, das ist für Liesegang auch zweitrangig. „Wichtiger ist, dass nach dem öffentlichen Aufruhr um die Vorfälle in der Kirche das Thema sexueller Missbrauch diskutiert wird.“ Das war nicht immer so. Liesegang stieß oft auf taube Ohren, wenn er auf Tagungen mit anderen Landesverbänden darauf hinwies, dass es auch im Fußball sexuelle Übergriffe von Trainern oder Betreuern auf Kinder gibt. „Das wollte zuerst keiner hören, weil dieses Thema angeblich ein schlechtes Licht auf den Fußball wirft. Dabei ist sexueller Missbrauch von Kindern durch Schutzbefohlene kein fußball- oder sportspezifisches Problem, sondern ein gesamtgesellschaftliches.“

Um gegen dieses Problem vorzugehen, hatte der BFV im vergangenen Sommer seine Meldebestimmungen geändert. Die Namen von Trainern und Betreuern, die mit Kindern zusammenarbeiten, müssen seitdem auf einem Meldebogen beim Verband hinterlegt werden. Dazu empfahl Liesegang den Vereinen, sich immer auch ein erweitertes Führungszeugnis zeigen zu lassen. In diesem Fall musste der Vizepräsident des BFV auf die Vernunft der Vereine hoffen. Eine rechtliche Grundlage für diese Forderung gab es nämlich nicht. Erst in wenigen Tagen, vom 1. Mai an, tritt ein neues Gesetz in Kraft, das auch Vereinen erlaubt, ein erweitertes Führungszeugnis von ihren im Ehrenamt tätigen Trainern zu verlangen.

Die Skepsis bleibt

Bisher glich das Ehrenamt einer Grauzone. Trainer und Betreuer ohne Lizenz sind im Gegensatz zu ihren Kollegen, die einen offiziellen Trainerschein besitzen, selten in die Situation gekommen, ihr Führungszeugnis vorlegen zu müssen. Will man einen Trainerschein machen, ist das Pflicht. Ingo Weiss steht dem erweiterten Führungszeugnis zumindest in dieser Hinsicht skeptisch gegenüber. Das Präsidiumsmitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ist sich sicher, dass sich einige ehrenamtliche Trainer oder Betreuer „auf den Schlips getreten fühlen, wenn sie ihr polizeiliches Führungszeugnis vorlegen sollen“. „Damit kann man einen Trainer ganz schnell vergraulen“, sagt Weiss. Dem stimmt Gerd Liesegang zwar zu, aber dieses Risiko müsse man in Kauf nehmen, findet er.

Die meisten Vereine würden sich an die neuen Bestimmungen halten, erklärt Liesegang. „Wir sind ganz zufrieden.“ Seitdem der BFV seine Meldebestimmungen geändert hat, sei beim Landeskriminalamt keine Anzeige gegen sexuellen Missbrauch in Fußballvereinen eingegangen. Trotzdem bleibt Skepsis: „Ich hoffe, das ist ein gutes Zeichen.“ Liesegang weiß, dass die einfache Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses oder ein Meldebogen nicht reichen, um Kinder vor Übergriffen in Vereinen zu schützen. Laufende oder eingestellte Verfahren sind darin nämlich nicht sichtbar vermerkt.

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