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Neue Saison: Eine Formel ändert sich

Mit der radikalsten Regelreform ihrer Geschichte versucht die Rennserie, spannender zu werden – und ihr Überleben zu sichern.

Der Unterschied liegt im Detail: Im Vergleich zum Vorjahr (hinten) hat sich das Gewand der Formel-1-Autos sichtbar geändert. Wie alle Wagen sind nun auch die Ferrari mit breiterem und tieferem Frontflügel, höherem und schmalerem Heckflügel und profillosen Slick-Reifen unterwegs.

Am Sonntag beginnt in Melbourne nicht nur eine neue Saison, sondern auch eine neue Ära in der Formel 1. Mit den einschneidendsten Reglement-Änderungen in der Geschichte will sich die Rennserie im 60. Jahr ihres Bestehens fit für die Zukunft machen. Doch der Weg ist noch lang und steinig – zumal er von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und politischen Machtkämpfen begleitet wird. Die neue Saison markiert einen Umbruch, der noch längst nicht vollendet ist. Und das wird sich ändern:

DER SPORT

Das neue Reglement soll endlich mehr spektakuläre Überholmanöver schaffen. Deswegen wurde die Aerodynamik geändert – so sollen die klobig wirkenden neuen Front- und Heckflügel das Überholen erleichtern. Auch das Kers-System, das zusätzlich 70 PS für ein paar Sekunden zur Verfügung stellt, soll hier helfen, außerdem wurden die profillosen Slick-Reifen wieder eingeführt. Ob das alles den gewünschten Effekt hat, wird sich aber erst nach den ersten Rennen zeigen. Dass die Teams aber leistungsmäßig so eng zusammenliegen wie schon lange nicht mehr und es keinen klaren Favoriten gibt, ist auf jeden Fall vielversprechend. Der derzeit wieder aufgeführte Streit um Regelauslegungen dagegen nicht. Ein Protest mehrerer Teams gegen das umstrittene, Diffusor genannte Unterbodenelement der Teams Brawn, Toyota und Williams wurde am Donnerstag vorerst abgelehnt. Da die Konkurrenz aber sofort Einspruch einlegte, dürfte der Streit weitergehen und wohl erst nach dem zweiten Saisonrennen entschieden werden. Mit unangenehmen Folgen: Die Rennergebnisse haben damit zunächst einmal eine Aura der Vorläufigkeit und werden von dem Theater völlig überschattet. Der Außendarstellung des Neuanfangs in der Formel 1 ist das nicht unbedingt dienlich.

DIE TECHNIK

Bisher stand die Formel 1 für Hightech. Nun ist ein Spagat zwischen Spitzentechnologie und Innovationen zu überschaubaren Kosten bei gleichzeitig verstärktem Umweltbewusstsein gefordert. Wie grün sie werden kann oder soll, das ist in Zeiten knapper Rohstoffe eine Schlüsselfrage für die Formel 1. Und wie schwierig die Antwort ist, lässt sich am Prestigeobjekt Kers ersehen. Das Hybridsystem speichert Bremsenergie und leitet es auf Knopfdruck wieder in den Antrieb zurück. Klingt vernünftig, doch der Effekt bleibt aufgrund der hohen Entwicklungskosten und des gar nicht so umweltschonenden Batterieverbrauchs umstritten.

DIE KOSTEN

Der Ausstieg von Honda im Dezember machte klar, was schon längst hätte klar sein müssen: Ohne eine drastische Kostensenkung steht die Formel 1 vor dem Aus. In einem Wettrüsten hatten die großen Hersteller ihre Jahresbudgets auf über 300 Millionen Euro geschraubt und damit die Existenz der Serie aufs Spiel gesetzt. Noch Hondas Ausstieg wurden eiligst so viele Sparmaßnahmen beschlossen, dass hier nur ein paar genannt werden können: Ab dieser Saison muss ein Motor drei statt zwei Rennen halten und darf nur noch 18 000 Umdrehungen leisten. Außerdem wurden die Testfahrten, die sündhaft teure Windkanal-Nutzung und die teilweise mehr als 1000 Mitarbeiter starken Teams reduziert. Damit sollen die Budgets schon einmal um 30 Prozent gesenkt worden sein, doch dem Automobil-Weltverband Fia geht dies nicht weit genug. Er will 2010 nicht nur günstige Einheitsteile unter anderem am Chassis und am Antriebsstrang einführen, sondern per Sonderreglement einen Anreiz für Teams schaffen, sich freiwillig einem Maximalbudget von 33 Millionen Euro zu unterwerfen. Darüber dürfte noch gestritten werden – wie über einiges andere auch.

DIE POLITIK

Der im letzten Jahr nach seiner Sex-Affäre schwer angeschlagene Fia-Präsident Max Mosley sitzt heute fester denn je im Sattel. Gemeinsam mit Formel-1-Chef Bernie Ecclestone kämpft er gegen die aufmüpfige Allianz der Teams (Fota) um die Macht. Dieser Kampf schien zuletzt auch die Hauptmotivation einiger Aktionen zu sein, so etwa des – erst einmal gescheiterten – Versuchs, eine Änderung des Wertungssystems bei der Weltmeisterkür durchzusetzen. Statt nach Siegen wird der Champion nach Intervention der Fota auch in diesem Jahr nach Punkten bestimmt. Dass sich an diesen Kraftproben und Machtspielen in absehbarer Zeit etwas ändern wird, ist nicht unbedingt zu erwarten. Und das ist am Ende wahrscheinlich die größte Gefahr für die Formel 1.

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