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Sport: Neuer Doktor, alter Patient

Rauball übernimmt beim BVB ein schweres Amt

Der Doktor geht, nun kommt der Doktor: Am Sonntag gab der Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund bekannt, dass der ins Straucheln geratene Präsident Gerd Niebaum sein Amt zur Verfügung stellen wird. Als Nachfolger wird bei der Mitgliederversammlung am 14. November aller Voraussicht nach Reinhard Rauball gewählt werden. Rauball ist keineswegs unbekannt in Dortmund: 1979 war er schon einmal Präsident des westfälischen Traditionsklubs, damals mit 32 Jahren der jüngste in der Bundesliga.

Rauball ist promovierter Jurist – das ist nur eine Gemeinsamkeit mit seinem Nachfolger und Vorgänger. Ebenso wie Niebaum versteht er es auch, sich „mit geschliffener Rhetorik und geschmeidiger Argumentation“ („FAZ“) zu profilieren.

Nach seinem zwischenzeitlichen Ausstieg kehrte Rauball 1984 als BVB-Präsident zurück und bat seinen damaligen Freund Niebaum um Hilfe. Die Borussia war in finanzielle Not geraten, Niebaum engagierte sich unter Rauball als Vizepräsident im Notvorstand. Zusammen sanierten die beiden Anwälte den Klub. 1986 übergab Rauball die Amtsgeschäfte an Niebaum und arbeitete wieder als Jurist.

Er vertrat unter anderem die Leichtathletin Katrin Krabbe im spektakulärsten Dopingfall der deutschen Sportgeschichte, Dressur-Olympiasiegerin Nicole Uphoff, den Boxer Graciano Rocchigiani und zahlreiche Trainer, die von ihrem Klub entlassen worden waren.

Schon 1997, als Niebaum nach dem Dortmunder Triumph in der Champions League erstmals mit dem Gedanken spielte, als Präsident zurückzutreten, wurde Rauball als Nachfolger gehandelt. Niebaum überlegte es sich anders und Rauball wurde 1999 von Wolfgang Clement, dem damaligen Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens und früheren Studiengefährten Rauballs, zum Justizminister des Bundeslandes ernannt. Nur acht Tage später trat der SPD-Politiker wegen eines drohenden Disziplinarverfahrens zurück. Rauball hatte es 1994 als Notar versäumt, sich ein Aufsichtsratsmandat genehmigen zu lassen.

Im Bereich des Profifußballs blieb Rauball ein Insider, dessen Meinung gefragt war. So entwarf er vor zwei Jahren nach der Kirch- Pleite ein visionäres Szenario: „Viele Vereine werden durch den Ausfall von Kirch-Geldern zu knallharten Sanierungsfällen.” Dass ausgerechnet sein Klub das größte Desaster erleben würde, hielt er allerdings nicht für möglich: „Großklubs wie Bayern oder Dortmund werden weder von ihren Stars Gehaltsverzicht fordern, noch auf irgendwelche Bürgschaften zurückgreifen.“ Die Ereignisse haben ihn widerlegt.

Gut 119 Millionen Euro Schulden dürften Rauballs dritte Amtszeit zu seiner schwersten werden lassen. Bis zu seiner Inthronisierung übernimmt er kommissarisch den Bereich Profifußball. Wie viel er als Präsident zu sagen hat, ist aber noch nicht sicher. Neckermann-Erbe Florian Homm bestimmt seit der Übernahme der Aktien-Mehrheit bei Borussia Dortmund das Handeln und formulierte im WDR- Fernsehen seinen Machtanspruch noch einmal klar: Der als „Plattmacher“ („Manager Magazin“) bekannte Geschäftsmann sagte, er wolle sich zwar aus den sportlichen Belangen raushalten, „wir werden jedoch unseren Einfluss durchsetzen, was die Wirtschaftlichkeit betrifft“. Das begründet Homm mit dem Umstand, „dass der BVB ohne unser Engagement heute schon amateurligareif wäre. Doktor Niebaum hat viel verbrannte Erde hinterlassen und gravierende Fehler gemacht.“

Alle, die ihn in seinem Tatendrang einschränken wollen, warnt Homm mit der Aussage, sie würden den „Selbstmord“ Borussia Dortmunds riskieren. Er meint wohl auch Rauball, der die Dominanz eines einzelnen Aktionärs verhindern will: „Das Sagen wird der eingetragene Verein behalten.“ Aber am liebsten wäre es Rauball ohnehin, „wenn wir hier wieder mehr über Fußball reden würden“. Das dürfte wohl das am schwersten zu erreichende Ziel für den neuen, alten Präsidenten von Borussia Dortmund sein.

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