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Finales Glück. Christoph Theuerkauf trifft zum Ausgleich gegen Schweden. Foto: dpa

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Sport: Neues Miteinander

Die deutschen Handballspieler überzeugen mit Teamgeist beim vorletzten WM-Test.

Hamburg - Martin Heuberger zupfte nervös an seiner Hose herum, mit der anderen Hand gestikulierte er wild. In diesem Augenblick, das war ganz offensichtlich, hatte der Handball-Bundestrainer ein Problem. 27:28 lag seine Mannschaft am Sonnabend vor 11 269 Zuschauern in der Arena in Hamburg gegen Schweden zurück, 30 Sekunden waren noch zu spielen. Und natürlich ging es in diesem vorletzten Testspiel vor der am Freitag beginnenden Weltmeisterschaft in Spanien auch um das Ergebnis. „Für die Außendarstellung und das Selbstvertrauen war es wichtig, dass wir uns nicht mit einer Niederlage aus Hamburg verabschieden“, sagte Heuberger nach dem späten Tor von Christoph Theuerkauf zum 28:28-Endstand.

Nach einwöchiger Vorbereitung in der Sportschule Steinbach und einem Testspielsieg gegen Schweden in Växjö (26:20) diente die zweite Begegnung mit dem Rekordweltmeister binnen zwei Tagen aber auch dazu, der Öffentlichkeit auf deutschem Boden einen Eindruck von der merklich verjüngten Nationalmannschaft zu vermitteln. Heuberger reist mit sechs Spielern nach Spanien, die noch kein großes Turnier absolviert haben. Im Durchschnitt hat jeder Spieler 62 Länderspiele bestritten – für Handball-Verhältnisse fast lächerlich wenig. Allerdings waren die Skandinavier zweimal mit einer besseren B-Mannschaft angetreten. Von jenem Team, das in London olympisches Silber gewonnen hatte, standen nur vier Akteure im Kader. Im Gegensatz zu den Schweden haben sich die Deutschen aber immerhin für die WM qualifiziert. Staffan Olsson, schwedische Handball-Legende und heute Nationaltrainer, merkte an: „Die Sorgen der Deutschen hätte ich gern.“

Tatsächlich vermittelte die DHB-Auswahl einen homogenen Eindruck. „Wir sind auf einem guten Weg“, befand Torhüter Silvio Heinevetter, „sicherlich müssen wir uns im Turnier noch steigern, aber für den Moment gibt es keinen Grund zur Kritik.“ Das Miteinander, zum Ende der Ära Heiner Brand ein Reizthema, scheint wieder zu stimmen, davon wusste auch Spielmacher Michael Haaß zu berichten, der neben Heinevetter und Abwehrchef Oliver Roggisch zu den gesetzten Größen zählt. „Die Stimmung ist so gut, wie ich es selten erlebt habe“, sagte Haaß. Heuberger ergänzte: „Wir haben nun mal keine Superstars im Team und müssen deshalb als gutes Kollektiv auftreten.“

Nach diesem Mantra ließ Heuberger sein Team zuletzt spielen: Probieren und Rotieren. Der 48-Jährige räumt zwar ein, dass sich die Startformation nach Wochen der Vorbereitung langsam herausbildet. Doch auf fast jeder Position finden sich im deutschen Kader zwei Spieler ähnlichen Niveaus, weshalb Heuberger auch in Hamburg munter durchwechselte. Die Rotation setzte nach 15 Minuten ein: Für Kreisläufer Patrick Wiencek kam Christoph Theuerkauf, für Stefan Kneer wurde der wiedergenesene Sven-Sören Christophersen im linken Rückraum eingewechselt, im rechten Rückraum teilten sich Steffen Weinhold und Adrian Pfahl die Aufgaben, auf der Spielmacherposition Haaß und Martin Strobel. Die Außenpaare Patrick Groetzki/Tobias Reichmann (rechts) und Dominik Klein/Kevin Schmidt (links) spielten wie das Torhütergespann Heinevetter/Lichtlein jeweils 30 Minuten.

Wie flach und harmonisch die Hierarchie im Nationalteam mittlerweile geworden ist, ließ sich an einem Beispiel besonders schön illustrieren: Kevin Schmidt durfte in seinem zweiten Länderspiel von Beginn an die Siebenmeter ausführen – obwohl er den ersten direkt vergeben hatte. „Bei uns wächst etwas zusammen“, sagte Heuberger. Und das Team hat einen psychologisch wichtigen Vorteil auf seiner Seite, wie Michael Haaß feststellte. „Bei der WM erwartet doch niemand etwas von uns“, sagte der Spielmacher. „Für uns ist das umso besser, denn wir wissen, was wir können.“Christoph Dach

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