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Da war’s noch einfach. In der regulären Saison hatten die Atlanta Falcons mit Harry Douglas (vorn) nur selten Probleme.

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NFL-Play-offs: Die verfluchten Falcons

Kaum einer traut Atlanta in der NFL etwas zu – in den Play-offs haben die Falcons stets versagt. Nach einer wieder einmal starken Hauptrunde nehmen sie nun einen erneuten Anlauf.

Die Ränge im Georgia Dome waren längst leer, die Anzeigetafel zeigte die Schmach: 21:48, ein „Blowout“, wie die Amerikaner sagen. „Das war nicht der Atlanta-Falcons-Football, den wir das ganze Jahr über gespielt haben“, stammelte ein sichtlich niedergeschlagener Falcons-Coach Mike Smith. Die nicht gerade erfolgsverwöhnten Football-Fans in Atlanta hatten sich ernsthafte Hoffnungen auf den Super Bowl gemacht. Doch mit Beginn der Play-offs im Januar 2011 war von der Dominanz der vergangenen Monate nichts mehr zu sehen, das zweitbeste Team der regulären Saison in der National Football League (NFL) wurde von den Green Bay Packers im eigenen Stadion regelrecht demontiert. Das hat Spuren hinterlassen.

Fast genau zwei Jahre später sind die Vorzeichen ähnlich. Wieder haben die Atlanta Falcons mit einer Bilanz von 13 Siegen und drei Niederlagen die reguläre Saison als bestes Team ihrer Conference abgeschlossen, nach dem Freilos in der ersten Runde steigen sie nun am Sonntag gegen die Seattle Seahawks in die Playoffs ein (19 Uhr, kostenpflichtig bei Sport1+). „Das momentan vielleicht heißeste Team der Liga“, sagt Falcons-Spieler Tony Gonzalez. Für Atlantas Mannschaft geht es in diesem Spiel um mehr als nur die aktuelle Saison: Sie haben einen Fluch zu besiegen.

Denn was sich bei der Pleite gegen die Packers vor zwei Jahren bereits andeutete, hat sich inzwischen zu einem schweren Makel verfestigt. „Die Falcons sind ein Witz. Sobald die Play-offs anfangen, versagen sie“, sagt Lewis, ein 34 Jahre alter Metallarbeiter aus Atlanta, der für das hiesige Football-Team aber keinerlei Sympathien aufbringt. Wie er sehen viele Fans und Experten in den USA die Atlanta Falcons.

Denn auch in der vergangenen Saison flog Atlanta im Januar durch eine herbe Niederlage in der ersten Runde raus, 2:24 hieß es gegen die New York Giants. Die Play-off-Bilanz der aktuellen Mannschaft lautet 0:3. „Die Zeit läuft ab. Die Falcons brauchen einen Play-off-Sieg, jetzt!“ schreibt die größte Tageszeitung der Stadt „Atlanta Constitution Journal“.

Die aktuelle Mannschaft zeichnet sich durch enorme Konstanz aus

Die Mannschaft und ihre Fans mussten in der aktuellen Saison mehr denn je damit leben, dass sie noch so stark spielen und noch so viele Siege einsammeln konnten – der gebührende Respekt vom Rest der Liga und der Medienwelt, den sich gerade die leidgeprüften Fans in der Stadt so sehr ersehnen, blieb aus.

Der Play-off-Fluch ist dabei nur die aktuelle Ausprägung eines allgemeinen Loser-Images, das dem Klub schon lange anhaftet. Mehr als vier Jahrzehnte lang konnten die Falcons nie zwei aufeinander folgende Spielzeiten mit einer positiven Bilanz von Siegen abschließen, die längste Serie im gesamten US-Profisport. Auf Höhepunkte wie die bislang einzige Super-Bowl-Teilnahme in der Saison 1998 folgten immer wieder Rückschläge. Sinnbildlich steht dafür die Ära des jungen Star-Quarterbacks Michael Vick. Nach dessen Verpflichtung vor der Saison 2001 hatten die Falcons zu Beginn des neuen Jahrtausends große Hoffnung auf bessere Zeiten. Und Vick schien die Erwartungen zunächst zu erfüllen, er führte die Falcons in fünf Jahren dreimal in die Play-offs.

Doch das Glück fand im Jahr 2007 ein jähes Ende: Der Quarterback, der schon mehrfach mit der Polizei in Konflikt geraten war, hatte landesweit illegale Hundekämpfe und Glücksspiele organisiert. Vick musste zwei Jahre ins Gefängnis, die Falcons standen plötzlich ohne Spielmacher da und dümpelten ein Jahr herum, bis sie 2008 einen Umbruch mit neuem Chefcoach, neuem Manager und dem Rookie-Quarterback Matt Ryan wagten.

Großer Wurf? Matt Ryan will mit den Falcons auch in den Play-offs siegen.
Großer Wurf? Matt Ryan will mit den Falcons auch in den Play-offs siegen.

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Das neue Team zeichnet sich durch eine bis dahin in Atlanta unbekannte Tugend aus: Konstanz. Die unrühmliche Serie ist längst vorbei, die vergangenen fünf Spielzeiten wurden mit einer positiven Bilanz beendet. Nur die New England Patriots haben in dieser Zeit mehr Spiele gewonnen. Ryan hat inzwischen die nötige Reife, das Team ist auf allen Schlüsselpositionen gut besetzt und hat die richtige Mischung aus jungen und erfahrenen Profis. Es könnte also die Stunde der Falcons schlagen – wenn da nicht der Play-off-Fluch wäre.

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