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Sport: Nichts für Püppchen

Turbine Potsdam spielt 1:1 gegen Frankfurt

Von Katrin Schulze

Hans-Jürgen Tritschoks wurde am Schluss grundsätzlich. Der Trainer des FFC Frankfurt beklagte sich gestern über die organisatorische Unfähigkeit im deutschen Frauenfußball. „Man hat eine große Chance vertan, zwei spielstarke Mannschaften zu präsentieren“, sagte Tritschoks nach dem Spitzenspiel der Frauenfußball-Bundesliga zwischen Turbine Potsdam und dem FFC Frankfurt. Es war die Beschaffenheit des Platzes im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion, die Tritschoks’ Unmut ausgelöst hatte. Der stumpfe und matschige Boden ließ in der Tat kein ansehnliches Spiel zu, nur wenige freie Grashalme, die unter der Schneedecke hervorlugten, ließen erahnen, dass die Partie eigentlich auf Rasen ausgetragen wurde.

Das 1:1, „das mit Fußball nichts zu tun hatte“, wie Frankfurts Trainer befand, geriet nach dem Abpfiff beinahe zur Nebensache. Denn Tritschoks’ Gegenüber, Turbines Trainer Bernd Schröder, wollte sich diesen Angriff nicht gefallen lassen: Fußball sei schließlich ein Freiluftsport, bei dem solche Verhältnisse schon einmal vorkämen. „Unsere Spielerinnen sind ja auch keine Püppchen, die in Watte gepackt werden müssen“, sagte Schröder.

Der 65-Jährige trainiert zwar tatsächlich keine Püppchen, doch Schröder verfolgt ein Konzept, das sich von dem vieler anderer Vereine unterscheidet. Bis zur Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland will er eine konkurrenzfähige Mannschaft aufbauen, von der dann möglichst viele Spielerinnen ins Nationalteam berufen werden. Und so läuft Turbine Potsdam während der gesamten laufenden Saison mit der jüngsten Mannschaft der Bundesliga auf – gestern lag der Altersdurchschnitt wie schon zuvor beim 5:2-Sieg über Wolfsburg bei gerade einmal 19,4 Jahren.

Weil mit der Nationaltorhüterin Nadine Angerer die einzige wirklich erfahrene Spielerin wegen einer Lungenentzündung ausfiel, stand gestern erneut die 17-Jährige Desirée Schumann im Tor der Potsdamerinnen. Auch sonst besteht die Mannschaft fast ausschließlich aus Teenagern. So war es bezeichnend, dass das 1:0 von Turbine gestern durch die beiden ältesten Spielerinnen auf dem Platz zustande kam. Nachdem Anja Mittag, 22 Jahre alt, zunächst an der Frankfurter Torhüterin gescheitert war, traf Kapitän Jennifer Zietz – mit 24 Jahren Potsdams älteste Spielerin – im Nachschuss (84. Minute). Zum Sieg reichte das späte Tor nicht. Kerstin Garefrekes erzielte zwei Minuten später den 1:1-Endstand.

„Unsere Stärke ist die Geschlossenheit“, sagte Zietz nach dem Spiel. Herausragende Individualisten gebe es in der Mannschaft nicht. Nach dem angekündigten Weggang von Angerer nach Stockholm in der Winterpause wird die Verantwortung künftig vor allem auf Zietz und Mittag lasten. „Ich muss in diese Rolle erst hineinwachsen“, sagt Mittag vorsichtig. Und sie sieht noch ein weiteres Problem bei Turbine: „Die Jungen nehmen sich die lauten Kommentare des Trainers noch sehr zu Herzen.“

Für den oft etwas schroff wirkenden und strengen Bernd Schröder ist es wichtig, dass seine jungen Spielerinnen nicht nur erfolgreichen, sondern vor allem attraktiven Fußball spielen. Deshalb lässt er im Training vor allem das Kurzpassspiel einstudieren – „Passspielgeometrie“ heißt das in seinen Worten. „Leider konnten meine Mädels das bei den Platzverhältnissen gegen Frankfurt nicht umsetzen“, sagte Schröder. Immerhin lernten sie in Potsdam aus diesen Mängeln: Das im Anschluss an die Erstligapartie geplante Spiel der zweiten Mannschaft von Turbine wurde abgesagt – wegen Unbespielbarkeit des Platzes.

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