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Sport: Nichts zu sehen

Zwei Platzverweise bestimmen den Spieltag: Zweimal haben sich die Schiedsrichter auf ihre Assistenten verlassen – und einmal falsch entschieden

Berlin – Im Laufe seiner langen Schiedsrichterkarriere hat Hellmut Krug eine Grundregel des Fußball gelernt, die nicht in der Spielordnung vermerkt ist: Alles ist möglich. „Man kann über 1000 Spiele gepfiffen haben, trotzdem gibt es immer wieder etwas Neues“, sagt der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter. Der elfte Spieltag der Fußball-Bundesliga hat diese Grundregel noch einmal bestätigt.

Die Platzverweise für Alexander Madlung von Hertha BSC sowie Lucio vom FC Bayern München haben die Gemüter erregt. Besonders die Rote Karte für den Berliner war kurios, weil Alexander Madlung nichts getan hatte. Der vierte Mann Josef Webers, der Schiedsrichter Wolfgang Stark auf eine Szene aufmerksam gemacht hatte, hatte ihn mit Dick van Burik verwechselt. „Es war der falsche Spieler“, sagte Stark nach dem Betrachten der Fernsehbilder. „Ich kann das nur noch in meinem Spielbericht vermerken.“ So weit ist der Fall klar. Schwierig wird es allerdings bei der Frage nach den Konsequenzen daraus.

„Alexander Madlung wird wahrscheinlich freigesprochen“, sagt Hellmut Krug, der die Abteilung Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund leitet. Normalerweise zieht eine Rote Karte automatisch mindestens eine Sperre von einem Spiel nach sich, doch diese Regel kann aufgehoben werden, wenn ein klarer Irrtum des Schiedsrichters vorliegt. Der DFB müsste allerdings den Internationalen Fußball-Verband Fifa darüber informieren. Schwierig wird der Fall erst in der Frage, ob an Stelle von Madlung nun Dick van Burik bestraft werden kann. „Diese Frage kann ich nicht beantworten“, sagt Hellmut Krug. Klar sei nur, dass sich die DFB-Sportgerichtsbarkeit damit beschäftigen werde.

Interessant ist, dass der Hinweis für Schiedsrichter Stark vom vierten Mann kam. Falko Götz wunderte sich über Josef Webers. „Er war von der ersten Minute an sehr eifrig“, sagte Herthas Trainer, „wenn sich der vierte Mann für so wichtig hält, dann muss er auch richtig hingucken.“ Allerdings hat der vierte Mann an der Seitenlinie seine Kompetenzen nicht überschritten. „Er ist für den geregelten Spielablauf zuständig“, erklärt Krug, „wenn er eine Tätlichkeit gesehen hat, dann muss er das dem Schiedsrichter melden.“

Auch in Mönchengladbach wurde Schiedsrichter Knut Kircher von außen auf eine Szene aufmerksam gemacht. Sein Assistent Thorsten Schiffner lief zu ihm in den Strafraum und schilderte seine Wahrnehmung, wonach Abwehrspieler Lucio seinen Gegenspieler Vaclas Sverkos getreten haben soll. Der FC Bayern erregte sich zum einen über den Linienrichter. „Der Schiedsrichter hatte offensichtlich alles richtig gesehen,und dann kommt der Linienrichter 80 Meter im Sprint an – ein Wahnsinn, was er da gemacht hat“, sagte Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern sagt, dass Lucio nur den Ball gespielt habe. „Wir hatten einen analogen Fall in der vorigen Saison“, sagt Rummenigge. „Da ist Hasan Salihamidzic vom Platz gestellt worden, und im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass nichts passiert ist“, sagt Rummenigge. Hellmut Krug sieht diese Parallele nicht. „Bei Salihamidzic handelte es sich nachweislich um einen Irrtum des Schiedsrichters, der dies anschließend auch zugegeben hat“, sagt Krug. Bei Lucio hat der Schiedsrichter noch keinen Fehler eingestanden.

Im übrigen stand auch Hellmut Krug einmal kurz davor, eine Verwechslung zu begehen. 1993 im WM-Qualifikationsspiel zwischen Belgien und Tschechien hatte er ein Foul beobachtet. „Mir ging kurz die Frage, ob Gelb oder Rot, durch den Kopf“, erzählt Krug, „da wusste ich plötzlich nicht mehr, welcher Spieler das Foul begangen hatte.“ Sein Assistent konnte ihm damals helfen: Nummer vier, Albert. Auch deshalb hat er Verständnis für die Verwechslung von Freiburg: „Ein bedauerlicher Fehler. Aber auch so etwas passiert leider.“

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