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24 Stunden später: Nico Hülkenberg feierte in Le Mans den größten Sieg seiner Karriere.

© rtr

Nico Hülkenberg nach Sieg in Le Mans: Eine Nacht mit Folgen

Nico Hülkenbergs Formel-1-Karriere steckt in der Sackgasse – sein Sieg in Le Mans beschert ihm eine unverhoffte Statusaufwertung.

Von
  • Christian Hönicke
  • Sabine Beikler

Manchmal kann sich in 24 Stunden alles ändern. Nico Hülkenberg ist das am vergangenen Wochenende passiert. In der Formel 1 kannte der Rennfahrer den Champagnergeschmack nur vom Hörensagen, seit fast sechs Jahren hatte er kein Siegerpodest mehr betreten. Im langsamen Force India fuhr er auch in dieser Saison bisher so weit hinterher, dass schon mehr oder weniger offen über mögliche Nachfolger spekuliert wurde. Dann stieg er am Samstag in ein anderes Auto, und 24 Stunden später fuhr er als Sieger über die Ziellinie des Langstrecken- Klassikers in Le Mans. „Ich denke, das ist der größte Erfolg in meiner Rennkarriere“, sagte er nach der Champagnerdusche. „Es war Gänsehaut pur, da oben auf dem Podium zu stehen.“ Und ganz plötzlich ist Nico Hülkenberg kein Auslaufmodell mehr, sondern ein begehrter Pilot.

Die Auswirkungen seines Ausflugs in den Nordwesten Frankreichs wird Nico Hülkenberg schon an diesem Wochenende beim Großen Preis von Österreich erfahren. Er wird als erster aktiver Grand-Prix-Stammpilot seit 1991 mit der Aura eines Le-Mans-Helden ins Fahrerlager zurückkehren. Der unerwartete Triumph mit Porsche in der Kultstätte des Motorsports war für Hülkenberg eine psychologische Aufbaumaßnahme und dazu dringend benötigte Eigenwerbung.

Bisher gelang Nico Hülkenberg der Schritt zu einem Formel-1-Spitzenteam nicht

Denn sein Hauptjob zeitigte mehr und mehr Frustrationserscheinungen. Obwohl Hülkenberg seit seinem Formel-1- Debüt 2010 eine Poleposition und diverse vierte Plätze holte und seine Stallrivalen meist im Griff hatte, gelang ihm der Schritt aus der Mittelklasse in ein Spitzenteam nicht. In dieser Saison drohte Hülkenberg gar in eine Sackgasse zu geraten. Force India steckt wie sein indischer Rennstallbesitzer Vijay Mallya in schweren Finanznöten. Hülkenberg wartet weiter auf versprochene Verbesserungen am Auto, er zeigte sich zuletzt öffentlich „unzufrieden“. Wohl auch deshalb, weil seine Gehaltszahlungen ebenfalls ins Stocken geraten sind. Man konnte es als Signal der Entfremdung werten, dass Mallya Hülkenberg die Starterlaubnis für die Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC erteilte, zu der Le Mans gehört. Auch Force Indias Motorenpartner Mercedes hatte keine Einwände gegen Hülkenbergs Affäre mit dem Konkurrenten Porsche. Das nährte die Gerüchte, in der nächsten Formel-1-Saison werde Hülkenberg das Cockpit an den Mercedes-Junior Pascal Wehrlein verlieren.

Porsche buhlt nun intensiv um Nico Hülkenberg

Doch sein Seitensprung hat Hülkenberg stattdessen eine Statusaufwertung beschert. Mallya, der persönlich in Le Mans war, bemüht sich nun wortreich um seinen Star – die Chancen, dass er Hülkenberg nächste Saison im Team behalte, seien „sehr hoch“. Aber auch Porsche buhlt um den prominentesten der drei Piloten des Siegautos, der vor allem in der Nacht mit starken Rundenzeiten glänzte. Von Vorstandschef Matthias Müller gab es nach dem Doppelsieg der Zuffenhausener sogar ein ausdrückliches Sonderlob für den Deutschen. Der Vertrag mit Hülkenberg umfasste nur zwei Rennen, erst Spa, jetzt Le Mans, doch offenbar will Porsche den 27-Jährigen auch zu einem Einsatz bei der WEC-Premiere auf dem Nürburgring Ende August bewegen.

Hülkenberg scheint generell nicht abgeneigt zu sein. Er zeigte sich mehrfach erfreut darüber, mal wieder in einem siegfähigen Auto zu sitzen. „Ich denke, ich werde wieder hier fahren, aber das wird sich jetzt alles selbst aussortieren“, sagte er. Wenn es in der Formel 1 nicht weitergehe, „dann ist die WEC sicherlich eine Alternative“. Vielleicht bieten sich ja bald noch andere. Für einen Le-Mans-Sieger sollte sich ein adäquates Rennauto finden lassen.

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