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Sport: Niederlage auf den letzten Metern

Die deutschen Kombinierer müssen sich Österreich geschlagen geben – und freuen sich trotzdem über Silber

Als sich Jens Gaiser die letzte Steigung hinaufquälte, nahte der Moment der Entscheidung. Mit 20,8 Sekunden Vorsprung war der deutsche Kombinierer in die Loipe von Pragelato gegangen, doch nun lief der Österreicher Mario Stecher auf der letzten, langen Steigung auf ihn auf. 57 Höhenmeter galt es auf diesem Streckenabschnitt zu überwinden. Gaiser spürte den Konkurrenten immer näher kommen. Er sagte: „Als er mich überholte, war es vorbei.“

Die deutschen Kombinierer haben bei den Olympischen Spielen Silber gewonnen. Oder Gold verloren? Vom ersten Springen bis zur letzten Steigung für den letzten Läufer hatte das Team von Bundestrainer Hermann Weinbuch geführt. Erst auf dem letzten Kilometer der Langlaufstaffel musste Gaiser den österreichischen Schlussläufer passieren lassen. „Ich habe an Gold geglaubt, bis wir überholt worden sind“, sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. Doch die Enttäuschung hielt sich trotzdem in Grenzen. „Nach dem Springen habe ich schon mit Gold geliebäugelt“ sagte der Olympiasieger Georg Hettich, „aber Silber ist auch okay.“ Zumal bereits 13 Sekunden hinter Gaiser der laufstarke Weltcupführende Hannu Manninen aus Finnland ins Ziel kam. Alle drei Schlussläufer hatten sich auf der letzten Runde vollkommen verausgabt und lagen minutenlang erschöpft im Zielraum. „Wir haben um Gold gekämpft und Silber gewonnen“, sagte Weinbuch.

Mit zehn Sekunden Vorsprung vor den Österreichern war der deutsche Startläufer Björn Kircheisen in die Loipe gegangen und hatte mit der besten Laufzeit den Vorsprung noch auf 36 Sekunden vergrößern können. Georg Hettich als zweiter Läufer baute die deutsche Führung sogar auf 47 Sekunden aus. „Es war unsere Taktik, erst einen großen Vorsprung rauszulaufen“, sagte Gaiser. Es sollte dennoch nicht für Gold reichen, der Olympiazweite Felix Gottwald holte als dritter Läufer der Österreicher 27 Sekunden auf den Weltmeister Ronny Ackermann auf. Ackermann sagte: „Österreich war heute besser.“

Die Österreicher konnten mit diesem Erfolg ihr deutsches Trauma überwinden. Bei der Weltmeisterschaft in Oberstdorf vor einem Jahr hatten Ronny Ackermann und Björn Kircheisen den Führenden Felix Gottwald auf der letzten Abfahrt überholt. Am Sonntag bei der Einzel-Kombination musste sich der laufstarke Österreicher erneut einem Deutschen geschlagen geben. Die österreichischen Reporter hatten sich schon über den Sieg gefreut, als Gottwald auf Hettich aufgelaufen war. Sie wussten um dessen Laufstärke. Doch überraschenderweise konnte Hettich sich von Gottwald lösen und die Goldmedaille gewinnen. Gestern aber kehrten die Österreicher die Reihenfolge um.

Es war ein kurioser Wettbewerb, der am Mittwoch gestartet wurde. Weltmeister Norwegen konnte gar nicht erst antreten, weil drei Kombinierer an einem grippalen Infekt erkrankt sind. Am Mittwoch hatte das Springen dann wegen wechselnder Winde abgebrochen werden müssen. „Das war die richtige Entscheidung, wir wollten alle faire Bedingungen“, sagte Weinbuch. Das Springen wurde am Donnerstag unter schwierigen äußeren Umständen fortgeführt. Allerdings blieb der erste Durchgang in der Wertung, in dem das deutsche Team gut gesprungen war. So konnte Weinbuchs Team die zweite Medaille bei diesen Spielen gewinnen. „Wir haben unser Soll erfüllt“, sagte der Bundestrainer, „jetzt wird gefeiert“. Am Dienstag im Sprintrennen haben Björn Kircheisen, Ronny Ackermann und Georg Hettich gute Chancen, ihre Medaillensammlung noch zu erweitern.

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