zum Hauptinhalt

Noch ein Abgang: Nürnbergs Patriarch Michael A. Roth tritt zurück

Als sich Präsidium und Aufsichtsrat des 1. FC Nürnberg am Montagabend trafen, ahnte keiner, dass damit eine Ära zu Ende gehen würde. Die Versammlung hatte kaum begonnen, als Michael A. Roth ums Wort bat – ein paar Minuten später war er nicht mehr Präsident des Vereins, den er in zwei Amtszeiten insgesamt 20 Jahre lang geführt hatte.

Als sich Präsidium und Aufsichtsrat des 1. FC Nürnberg am Montagabend trafen, ahnte keiner, dass damit eine Ära zu Ende gehen würde. Die Versammlung hatte kaum begonnen, als Michael A. Roth ums Wort bat – ein paar Minuten später war er nicht mehr Präsident des Vereins, den er in zwei Amtszeiten insgesamt 20 Jahre lang geführt hatte.

„Er hat uns kalt erwischt“, sagte der bisherige Vizepräsident Franz Schäfer, jetzt Roths kommissarischer Nachfolger. Das war wohl die Wahrheit – obwohl es wenige in diesem Verein gibt, die sich nicht schon mit oder an Präsident Roth gerieben hatten. Der fast 74-jährige Teppich- und Textilunternehmer verkörperte den FCN, den er 1994 nach 1979 zum zweiten Mal übernommen hatte, als der mit mehr als zwanzig Millionen Mark verschuldete Verein vor dem Absturz in die Drittklassigkeit stand und am Ende schien. „Unsere Bank war Herr Roth“, sagte der Aufsichtsratschef Klaus Schramm. Jahrelang war alles dasselbe: Roths Firmenimperium Aro, der 1. FCN und Roth. Mit Mut, Tatkraft und Fleiß hatte es Michael Adolf Roth zum Selfmade-Millionär gebracht. Aus dem Altmetallhändler wurde der Teppich-Mogul, beim Fußball wollte er ein zweites Imperium aufbauen.

Doch so leicht war es nicht. Roth lernte schmerzlich, „wie völlig unkalkulierbar dieses Geschäft ist. Es kann einen Millionenunterschied machen, ob ein Ball an den Pfosten geht oder ins Tor.“ Roth konnte dann alles sein: Chef, Anhänger – sogar Fanatiker, der Profis mit Pistolenschüssen drohte und der Kollegen öffentlich verbal abwatschte. „Wenn der Club Ruhe will, soll er sich einen Präsidenten im Altersheim suchen“, sagte er einmal.

Roths Rechnung schien aufzugehen: Nürnberg wurde schuldenfrei, stieg in die Bundesliga auf, gewann nach 39 Jahren 2007 wieder einen Titel, den DFB-Pokal – und stieg ein Jahr später ab. Dieser neuerliche Fall traf Roth so hart, dass er die sportliche Leitung öffentlich rügte – aber erstmals auf Widerspruch stieß. „Die Art und Weise, wie man da mit mir als dem Präsidenten umgegangen ist, hat mir nicht gefallen“, sagte er zum Abschied .

„Das ist nicht mehr mein Verein“, stellte Roth 2008 fest. Der sanierte 1. FC Nürnberg war ein eigenes Unternehmen auf dem Weg in eine Zukunft ohne Roth. Vielleicht, sagte Roth gestern, hätte er schon nach dem Pokalsieg zurücktreten sollen – aber damals wollte er sein spätes Glück noch auskosten, und nach dem Abstieg hinderte ihn sein Pflichtbewusstsein am Rückzug. „Aber jetzt habe ich mit dem Aufstieg einen tollen Abschluss gehabt“, erklärt Roth. „Meine Zeit ist vorbei.“

Hans Böller[Nürnberg]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false