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Abstiegskampf: Der Hamburger SV ist Vorletzter, Bremen nur einen Platz besser.

© dpa

Nordderby in der Bundesliga: HSV gegen Werder Bremen: Ein Klassentreffen im Keller

Der Hamburger SV und Werder Bremen waren in der Vergangenheit meist Rivalen im Kampf um Europapokal-Plätze - jetzt treffen sich beide als Abstiegskandidaten wieder. Auf beiden Seiten wurden die Klubs umgekrempelt, bislang jedoch ohne Erfolg.

Hamburg - Solche Termine müsste es öfter geben, solche „Reisen in die Vergangenheit“, wie Dietmar Beiersdorfer sein Treffen mit David Jarolim nennt. Jarolim, der ehemalige Profi des Hamburger SV, trifft Beiersdorfer, den Vorstandsvorsitzenden der HSV Fußball AG, um für sein Abschiedsspiel im März 2015 zu werben. Der Tscheche spielte neun Jahre für den HSV; er war Beiersdorfers „Königstransfer“ im Sommer 2003 – für 800 000 Euro, wie Beiersdorfer erinnert. Die Preise sind explodiert seitdem. Beiersdorfer sagt: „David hat große Verdienste für den HSV erworben. Wenn wir uns unterhalten, möchte ich am liebsten die Zeit zurückdrehen.“

Beiersdorfer hält dem 35 Jahre alten Jarolim weiter die Tür zur Trainertätigkeit im Jugendbereich offen, und als Jarolim sagt, wer denn am Sonntag gegen Werder Bremen gewinnen werde, wirkt es, als könne Jarolim seinen Dienst in Hamburg sofort antreten: „Nur der HSV!“ Beiersdorfer strahlt.

Die Laune ist ziemlich gut in Hamburg, bedenkt man, dass das Kellerderby des zwölften Bundesliga-Spieltages am Sonntag in der HSV-Arena steigt. Hamburg gegen Bremen, der Tabellensiebzehnte gegen den Drittletzten. Das schmerzt alle Beteiligten. Sie waren im vergangenen Jahrzehnt erst Rivalen um einen Platz in der Champions League, dann stritten sie um die Eintrittskarte zur Europa League. Meist war Werder im Vorteil. Seit 2013 duellieren sie sich im Abstiegskampf. Kein Wunder, dass sich Dietmar Beiersdorfer gern an David Jarolims Zeiten erinnert.

Neue Gangarten in der Vereinsführung

Der 51 Jahre alte Vorstand und auf Bremer Seite Geschäftsführer Thomas Eichin haben ihre Klubs umgekrempelt. Rauswürfe und Rücktritte haben dazu geführt, dass sowohl in Hamburg als auch in Bremen nahezu komplett neue Führungen im Amt sind. Beide Klubs haben in der Not gehandelt. Der HSV gab sich sogar eine neue Organisationsform und wandelte sich vom e.V. in eine AG. Und wer da alles gehen musste oder degradiert wurde – von Oliver Kreuzer über Mirko Slomka bis zu Carl Jarchow und dem kompletten alten Aufsichtsrat. Als er beim HSV sein neues Team zusammengestellt habe, sei ihm klar gewesen, „dass wir Leute brauchen, die detailverliebt und kompetent ihr Handwerk tun“, sagte Beiersdorfer. Diese Leute habe er in Bernhard Peters und Peter Knäbel gefunden. „Ich handelte nach Überzeugung, nicht nach Symbolik. Ich habe so aufgestellt, wie ich es für richtig halte.“

Bei Werder entschied man sich erst für mehr Risiko bei den Finanzen und verlängerte den Vertrag mit dem Vermarkter – das spülte sofort neun Millionen Euro in die klamme Klubkasse. Eine Abkehr von der jahrzehntelang bewährten Vereinspolitik.

Sportlicher Aufschwung in Bremen mit Viktor Skripnik

Dann entließ Eichin seinen Freund Robin Dutt, ihm folgte Viktor Skripnik. Und der gewann prompt drei Pflichtspiele nacheinander. Im Dezember beendet Präsident Klaus-Dieter Fischer seine jahrelange Tätigkeit, und der umstrittene Aufsichtsratschef Willi Lemke wird sich ebenfalls zurückziehen. Seinen Posten übernimmt Marco Bode. Schon länger ist klar, dass der Direktor Profifußball, Frank Baumann, die Bremer im nächsten Sommer verlassen wird. Rouven Schröder übernimmt. Es gibt bei beiden Klubs eine nie dagewesene Ämterrochade. „Das Wettbewerbsumfeld hat sich extrem verändert. Da sind große Spieler im Spiel. Neue kamen hinzu oder kommen noch“, sagt Beiersdorfer. Zu lange seien Klubs Kurse gefahren, die unabhängig waren von deren wahren Erlösen. „Das hat den Wettkampf und die Lage für einige Traditionsklubs verschärft.“

Der HSV steht unter großem Druck

Im Tagesgeschäft scheint der HSV einen Sieg dringender zu benötigen als die Bremer. „Unser Trainer hat zu Recht gesagt, es sind noch genügend Partien zu spielen. Vor zwei Spieltagen waren wir noch Letzter. Wir wollen bis Weihnachten aus dem Gröbsten heraus sein. Wir werden nicht ungeduldig“, sagt der 45 Jahre alte Marco Bode. Beim HSV gibt es weniger Geduld und größere Zerrkräfte. „Wir wollen es in der Tabelle nicht nach oben abreißen lassen. Wir haben noch nicht die Stabilität und Wettkampfhärte gezeigt, die man in der Bundesliga haben muss“, sagt Beiersdorfer, „wir müssen immer 100 Prozent erreichen, um Spiele zu gewinnen. Das will ich sehen.“

Intern hat Beiersdorfer von Trainer Joe Zinnbauer und der Mannschaft (Personalkosten 50 Millionen Euro) einen unteren Mittelfeld-Platz gefordert. Werders Sportchef Thomas Eichin hingegen wäre mit Rang 15 seines Teams (Personalkosten 30 Millionen) vollauf zufrieden. Ein Wunsch eint die beiden: „Dieses Derby sollte es ewig geben“, sagt Marco Bode. Fragt sich, in welcher Liga?

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