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Gruß an den Obersten Führer. Om Yun Chol salutierte artig nach seinem Sieg im Gewichtheben.

© Reuters

Nordkorea bei den Asienspielen: Die Muskelmänner von Kim Jong Un

Das Verhältnis der beiden koreanischen Staaten ist weiter angespannt. Bei den Asienspielen nutzt Nordkorea den Auftritt in Südkorea deshalb vor allem zu Propagandazwecken.

Bis zuletzt hatte mancher Südkoreaner auf ein Wiedersehen mit Nordkoreas „Armee der Schönheiten“ gehofft. Dabei handelt es sich um rund 350 junge, vom nordkoreanischen Regime handverlesene Damen, die zu Anfeuerungszwecken zu den Asienspielen nach Südkorea reisen sollten. Wie 2002, 2003 und 2005 auch. Doch Verhandlungen über die exakten Modalitäten zwischen beiden Ländern scheiterten schon im Juli, die nordkoreanische Delegation verließ wütend den Saal, weil sich der Süden im Gegensatz zu früher weigerte, die Kosten für die Gesandtschaft zu übernehmen. Trotzdem blieben die jungen Damen in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang zusammen. Und als auch noch Nordkoreas Diktator Kim Jong Un – dessen Frau Ri Sol Ju übrigens 2005 auch der „Armee der Schönheiten“ angehört hatte – das für die Überfahrt vorgesehene Kreuzfahrtschiff Mangyongbong mit neuer Farbe versehen ließ, schöpfte mancher neue Hoffnung: Kommen sie vielleicht doch noch? Doch nun berichtete ein Nordkoreaner der südkoreanischen Internetseite „Daily NK“: „Wir haben gehört, dass alle wieder nach Hause geschickt worden sind.“

Was das Verhältnis der beiden Koreas betrifft, stehen die 17. Asienspiele, die gegenwärtig bis zum 4. Oktober in Incheon stattfinden, unter keinem guten Stern. Nordkorea ist zwar mit rund 150 Athleten bei den asiatischen Bestenspielen vertreten, doch sonst wird das sportliche Treffen von allerlei Feindseligkeiten überschattet. So hängten die Organisatoren alle Nationalflaggen außerhalb des Stadions ab und ersetzten sie mit der Flagge der Asienspiele, weil sie Übergriffe von konservativen südkoreanischen Gruppen auf die nordkoreanische Flagge fürchteten. Aus dem gleichen Grund verboten sie den Zuschauern, die nordkoreanische Flagge ins Stadion mitzuführen.

Das sportliche Verhältnis zwischen Nord- und Südkorea war schon besser

Um das sportliche Verhältnis stand es schon einmal deutlich besser. 1991 stellten beide Länder sogar ein gemeinsames koreanisches Team bei der Tischtennis-WM in Chiba/Japan. Dabei konnte die Nordkoreanerin Li Pun Hui gemeinsam mit der Südkoreanerin Hyun Jung Hwa im Finale die langjährige Siegesserie der Chinesinnen beenden. Um die Jahrtausendwende, in der Zeit der Annäherung durch die „Sonnenschein-Politik“ des Südens, marschierten beide koreanische Mannschaften bei den Olympischen Spielen in Sydney, Athen und Turin gemeinsam und unter einer Flagge ins Stadion ein. Seit dem Präsidentschaftswechsel 2008 im Süden, vor allem aber seit dem Versenken des südkoreanischen Kriegschiffes Cheonan 2010, bei dem 46 Menschen ums Leben kamen und für das der Süden Nordkorea verantwortlich macht, haben sich auch die sportlichen Beziehungen beider Länder wieder verschlechtert. Ohnehin befinden sich beide Länder seit dem Korea-Krieg (1950 bis 1953) formal weiterhin im Kriegszustand.

In Incheon marschierten beide Nationen wieder getrennt und unter ihren eigenen Flaggen ins Stadion. Beim Training störten sich Nordkoreas Fußballer an einem Plakat mit dem Wort „Bukhan“, weil diese umgangssprachliche Bezeichnung für Nordkorea nach ihrer Meinung die Eigenständigkeit des Landes in Zweifel zieht. Erst als das Plakat entfernt wurde, trainierten die Nordkoreaner weiter.

Derartige politische Anliegen kommen nicht überraschend, wie die Internetseite „Daily NK“ berichtet. Laut einem ehemaligen Mitglied der nordkoreanischen Sicherheitsbehörden befinden sich in einer Delegation von 100 Begleitern rund 30 bis 40 Trainer und Betreuer. Die übrigen Personen seien Mitarbeiter der Staatssicherheit und der Aufklärung. „Sie nutzen jede Gelegenheit, Südkorea zu kritisieren, damit sie anschließend behaupten können, etwas geleistet zu haben“, sagt der Ex-Sicherheitsmitarbeiter.

Sportlich ist Nordkorea bei den Asienspielen durchaus erfolgreich

Laut „Guardian“ schicken die mitgereisten nordkoreanischen Journalisten ihre Berichte per Fax in die Heimat. Das liegt nicht nur daran, dass das Internet in Nordkorea nur eingeschränkt vorhanden ist. Es soll offenbar auch den Kontakt von nordkoreanischen Delegationsmitgliedern mit politisch unerwünschten Internet-Webseiten verhindern. Dabei können die Journalisten sportlich durchaus Erfreuliches in die Heimat berichten. Mit 14 Medaillen lag Nordkorea am Dienstag auf Rang fünf des Medaillenspiegels. Besonders die drei Goldmedaillen im Gewichtheben stachen heraus. Nach seinem Sieg im Bantam-Gewicht bis 56 Kilogramm salutierte Om Yun Chol und sagte: „Mit den Lehren unseres Führers Kim Jong Un im Hinterkopf gelobte ich, mein Bestes zu geben.“ Sätze wie diese, so erzählte der ehemalige Sicherheitsbeamte gegenüber „Daily NK“, müssen die nordkoreanische Sportler auswendig lernen, bevor sie aus dem Land reisen dürfen. „Man übt mit dem Athleten präzise, was sie sagen und wie sie sich verhalten sollen, wenn sie auf Ausländer treffen“, sagt der Sicherheitsbeamte, „zudem teilt man ihnen ein Handbuch namens ,Zu erwartende Fragen und Antworten darauf‘ aus.“ Allerdings sollen die Sportler nicht sofort antworten, damit die Antworten nicht gestellt wirken.

Trotz allem gibt es auch Südkoreaner, die ihre Brüder aus dem Norden unterstützen. Beim 3:0 der nordkoreanischen Fußballer über China im Gruppenspiel am Montag saßen einige Hundert von ihnen auf der Tribüne und jubelten für Nordkorea. In der Hand hielten sie eine Art „Friedensflagge“, mit dem vereinigten Korea in blauer Farbe. Trotzdem wäre so manchem Südkoreaner die „Armee der Schönheiten“ lieber gewesen.

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