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Severin Freund wird seinen Titel wahrscheinlich nicht verteidigen können.

© dpa

Norweger Kenneth Gangnes führt: Severin Freund muss WM-Titelverteidigung abhaken

Severin Freund wird seinen Thron am Kulm räumen müssen. Zur Halbzeit der Skiflug-WM liegt der Titelverteidiger aussichtlos im Hintertreffen. An der Spitze gibt es einen spannenden Fünfkampf.

Severin Freund blickte ratlos in den Schnee-Himmel über Bad Mitterndorf, als der Traum von der Titelverteidigung bei der Skiflug-WM frühzeitig geplatzt war. Schon am ersten Tag der Titelkämpfe am Kulm büßte der Weltmeister von 2014 als Halbzeit-Siebter alle Gold-Chancen ein. „Das ist natürlich ernüchternd. Er ist zu weit weg von den Medaillen. Damit haben wir leider nichts mehr zu tun“, redete Bundestrainer Werner Schuster Klartext.

Freunds Rückstand auf den führenden Norweger Kenneth Gangnes beträgt vor den abschließenden zwei Durchgängen an diesem Samstag bereits schier uneinholbare 48,9 Punkte. „Der ganz große Wurf war das heute nicht. Jetzt wird es ganz schwer, denn das ist schon ein ziemlich großes Loch“, sagte Freund.

Auch Silber und Bronze sind für den Tournee-Zweiten außer Reichweite. Knapp hinter Gangnes, der auf 236 und 216 Meter flog, lauern Vierschanzentourneesieger Peter Prevc aus Slowenien und der Österreicher Stefan Kraft. Selbst der viertplatzierte Norweger Johann Andre Forfang hat fast 40 Zähler Vorsprung auf Freund.

Der deutsche Hoffnungsträger verlor zu allem Übel auch noch seinen Schanzenrekord. Im ersten Durchgang segelte Japans Altmeister Noriaki Kasai, der als Fünfter ebenfalls noch Medaillenchancen besitzt, zunächst auf 240,5 Meter. Dann setzte Prevc mit 243 Metern noch einen drauf.

Schon im ersten Durchgang lief es schlecht für Freund

Von solchen Flügen konnte Freund nur träumen. 209,5 und 203 Meter waren viel zu wenig, um mit den Besten mithalten zu können. „So richtig Spaß hat es nicht gemacht“, räumte der Bayer ein. „Das Fluggefühl hat sich nicht eingestellt. Da geht es bei der Landung halt früher runter.“

Schuster machte Defizite im körperlichen Bereich und beim Material dafür verantwortlich. „Er kämpft wie ein Löwe, ist aber nicht mehr so frisch wie zuletzt. Und die kleinen Materialumstellungen sind in die falsche Richtung gegangen“, erklärte der Coach. „Severin konnte nicht mit den Besten mitgleiten.“

Tag zwei der Einzelentscheidung will Freund daher vor allem dazu nutzen, endlich das Gefühl für die Schanze zu bekommen und sich für den Teamwettbewerb am Sonntag einzufliegen. „Ich werde morgen angreifen und versuchen, später zu landen. Solch ein Sprung, wie ihn Prevc gemacht hat, wäre schon schön“, sagte der so gut wie entthronte Titelverteidiger.

Schon im ersten Durchgang war Freund bei der hochkarätigen Flugshow hoffnungslos ins Hintertreffen geraten. Schuster stellte danach fest: „Severin hatte hier vom ersten Sprung an einen Rückstand. Den hat er nicht aufholen können. Wenn dir hier ein paar Grad beim Flugwinkel fehlen, plumpst du halt früher runter.“

Allerdings haderte er auch ein wenig mit der Jury, die den Anlauf für Freund zunächst verkürzen ließ, dann aber wieder hochging. „Sie haben ihn hin- und hersteigen lassen. Das war nicht optimal“, sagte Schuster. „Das hatte aber keinen Einfluss auf das Ergebnis.“

Mit den anderen DSV-Springern war er weitgehend zufrieden. „Sie haben das ganz ordentlich gemacht“, meinte Schuster. Richard Freitag belegt nach Sprüngen auf 211,5 und 186 Meter den elften Platz. Andreas Wellinger, der auf 200 und 205 Meter kam, ist 13. Stephan Leyhe geht als 19. in den zweiten Tag, Andreas Wank als 28.

Überschattet wurde die Flugshow von der Querschnittslähmung von Lukas Müller

Überschattet wurde die hochkarätige Flugshow von der Nachricht, dass der am Mittwoch beim Einfliegen schwer gestürzte Österreicher Lukas Müller durch den Bruch des sechsten und siebten Halswirbels eine inkomplette Querschnittslähmung erlitten hat. „Er kann die Beine derzeit nicht bewegen“, teilte Franz-Josef Seibert, Unfallchirurgie-Vorstand am Universitätsklinikum Graz, am Freitag mit.

Ob Müller irgendwann wieder gehen könne, sei offen. „Es wäre unseriös, zum jetzigen Zeitpunkt eine fixe Aussage dazu zu machen“, erklärte Seibert. Nach Angaben des Ärztlichen Direktors Gernot Brunner sei dies eine „Frage von Monaten oder sogar einem Jahr. Derzeit kann sie niemand auf der Welt beantworten.“

Die Schock-Diagnose löste große Betroffenheit im Springerlager aus. „Wir sind keine Labor-Sportart, da kann immer etwas passieren. Aber in diesem Fall ist es saublöd hergegangen und extrem bitter“, sagte Freund.

„Mir tut es extrem weh, dass er so schwer verletzt ist. Das ist tragisch für ihn“, sagte Bundestrainer Werner Schuster. Der Österreicher in deutschen Diensten kennt Müller noch aus seiner Trainerzeit am Skigymnasium Stams. „Ich hoffe, dass er die Kraft hat, im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf die Beine zu kommen.“

Müller muss für einige Tage zur Beobachtung auf der Intensivstation bleiben, weil durch die Lähmung auch die Rumpf- und Atemmuskulatur beeinträchtigt wird. Nach Auskunft der Ärzte ist er bei Bewusstsein und muss nicht mehr künstlich beatmet werden. Obwohl der 23-Jährige keinem Verbandskader mehr angehört, sagte ihm der ÖSV die volle Unterstützung zu. „Wir werden in jeder Form helfen“, versprach Präsident Peter Schröcksnadel. (dpa)

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