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Sport: Notwendige Nebensache

Daniel Pontzen über die Rolle des Sports in Kriegszeiten Es war keine gewöhnliche Auszeit im Staples Center von Los Angeles, wo die gastgebenden Clippers gegen die Denver Nuggets Basketball spielten. Es war nicht einer der Trainer, der taktische Anweisungen gab und über die Strategie seiner Mannschaft sprach.

Daniel Pontzen über

die Rolle des Sports in Kriegszeiten

Es war keine gewöhnliche Auszeit im Staples Center von Los Angeles, wo die gastgebenden Clippers gegen die Denver Nuggets Basketball spielten. Es war nicht einer der Trainer, der taktische Anweisungen gab und über die Strategie seiner Mannschaft sprach. George W. Bush war die Pause gewidmet. Die Hallentechniker hatten die Übertragung seiner Rede zum Kriegsbeginn auf den Videowürfel geschaltet, und nun lauschten Zuschauer, Spieler und Schiedsrichter den Worten des amerikanischen Präsidenten. Vier Minuten lang, bis Bush ausgeredet hatte, danach pfiffen einige, die Mehrheit klatschte, und wenig später pustete der Schiedsrichter in seine Pfeife, und ein Spieler der Clippers warf den Ball zurück ins Feld. Der Sport geht weiter. Und das ist richtig so.

Manchem mag es besonders banal erscheinen, heute oder morgen einem Ball hinterherzujagen, zumal da der Sport gern als „schönste Nebensache der Welt“ apostrophiert wird. Nebensachen aber sind in Zeiten wie diesen genauso wichtig wie sonst – mindestens. An Tagen, an denen der Krieg die öffentliche Wahrnehmung vom Frühstücksfernsehen bis zu den Nachtnachrichten dominiert, hat der Sport eine wichtige Funktion. Er lenkt ab, er unterhält, und, das darf er: Er macht Spaß.

Allein ein Blick auf die Kriegsbeteiligten liefert dazu ein gutes Argument. Gestern noch warfen sich amerikanische Soldaten auf der Suche nach Zerstreuung auf dem Flugzeugträger einen Football zu, andere spielten im Wüstensand Golf. Auch nach dem Ende des Afghanistan-Krieges hatten die erstmals wieder ausgetragenen Fußballspiele, so schien es bisweilen, größere Vereinigungskraft als die Loja Dschirga.

Der Sport hat leichtes Spiel. Er braucht nicht zur Meinungsbildung beizutragen, er hat es auch nicht zur Aufgabe, Zeichen zu setzen. Es ist kein Wegschauen, auch kein Indiz für Ignoranz, was Formel-1-Fahrer David Coulthard gesagt hat: „Wir fahren weiter, weil wir die Leute unterhalten müssen.“ Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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