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Nürburgring-Chef Kafitz: „Die Bilanz ist immer noch positiv“

Nürburgring-Chef Kafitz über das Formel-1-Wochenende, die Kosten und die Zukunft der Rennstrecke

Herr Kafitz, alles wirkt wie immer: Es gibt Staus auf den Straßen und volle Tribünen. Ist das Formel-1-Wochenende eins nach Michael Schumacher und das vorläufig letzte am Nürburgring bisher gelungen?

Mit der Resonanz bin ich zufrieden. Wir haben bis jetzt zehn Prozent mehr Zuschauer als im letzten Jahr, ich rechne mit 130 000 am Rennsonntag. Wenn man bedenkt, dass kein Michael Schumacher mitfährt, ist das sehr erfreulich.

Langfristig brauchen Sie aber einen.

Ich kann keinen machen. Nico Rosberg könnte einer werden, der hat eine super Ausstrahlung und ist schnell.

Reicht es nicht, dass wie in diesem Jahr immerhin fünf deutsche Fahrer am Start sind?

Nein. Natürlich ist jeder Deutsche, ob Fahrer oder Team, willkommen. Aber der richtige Reißer ist immer nur ein Einzelner. Lewis Hamilton ist so einer. Dummerweise ist er Engländer. Wir bräuchten einen deutschen Hamilton.

Haben Sie das dem Formel-1-Boss Bernie Ecclestone auch gesagt?

Nein, ich habe ihm nur über den Verlauf unseres Projekts informiert.

Sie meinen das neue Freizeit- und Business-Zentrum, das 150 Millionen Euro kosten soll. Können Sie sich das leisten?

Wir bauen es, damit wir uns die Formel 1 auch weiterhin leisten können. Es soll ganzjährig Besucher an den Nürburgring locken – unabhängig von der Formel 1.

Man hat aber eher das Gefühl, dass am Nürburgring ständig gebaut werden muss, um ihn für Ecclestone attraktiv zu halten.

Natürlich beklagt sich auch Bernie nicht über das Zentrum. Seit ich hier bin, seit 1994, versuche ich nicht zu reagieren, sondern zu agieren. Die neue Strecke ist fast 25 Jahre alt und immer noch einer der modernsten Kurse der Welt. Und das nur, weil wir kontinuierlich investiert haben – auch, als wir mit der Formel 1 noch gutes Geld verdient haben.

Jetzt ist das nicht mehr so. Weil Ecclestone eine immer höhere Gebühr verlangt – angeblich 15 Millionen Euro –, werden Sie Ihren Verlust aus 2005 von etwa zehn Millionen Euro wohl noch übertreffen.

Davon können Sie nicht ausgehen. Wir zahlen in Dollar, und der Kurs steht günstig. Aber der Verlust ist immer noch hoch genug, um sich Gedanken zu machen. Um in die schwarzen Zahlen zu kommen, müsste jede Karte 100 Euro mehr kosten. Deshalb wechseln wir uns jährlich mit dem Hockenheimring ab.

Die 100 Euro Differenz pro Karte zahlt der Steuerzahler. Schließlich gehört die Nürburgring-GmbH zu 90 Prozent dem Land Rheinland Pfalz.

Das ist doch gut angelegtes Geld – ein Beitrag für den Wohlstand der Region, wenn man so will. 60 Millionen Euro Umsatz in ein paar Tagen, das ist Wahnsinn. Der Gewinn für die Region beträgt pro Rennen etwa zehn Millionen Euro.

Aus den drei Rennen bis zum Vertragsende 2011 zieht die Region also 30 Millionen Euro. Laut Bundesrechnungshof wird die GmbH in dieser Zeit 33 Millionen Euro Verluste erwirtschaften. Das ist ein Reinverlust von drei Millionen.

Die Bilanz ist immer noch positiv. Der Nürburgring ist vor 80 Jahren erbaut worden, um dem Armenhaus Preußens, wie es damals genannt wurde, wirtschaftliche Impulse zu geben. Heute hat diese strukturschwache Region eine unterdurchschnittliche Arbeitslosigkeit. Das ist auch dem Nürburgring zu verdanken. Wir werden die Formel 1 halten, so lange wir es uns leisten können.

Trotzdem freuen Sie sich, dass im nächsten Jahr erstmals seit 1994 kein Grand Prix auf dem Nürburgring stattfindet, oder?

Der Kaufmann in mir freut sich. Der Sportsmann wird sich zähneknirschend das Rennen in Hockenheim angucken.

Das Gespräch führte Christian Hönicke.

Walter Kafitz, 56, Geschäftsführer der Nürburgring GmbH, ist zufrieden mit der Resonanz der Zuschauer. Im nächsten Jahr wird der Grand Prix am Hockenheimring ausgetragen.

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