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Sport: Null Prozent Müll

Madrid will mit Ökologie Olympia 2012 gewinnen

Am 6. Juli fällt die Entscheidung, wer die Olympischen Sommerspiele 2012 ausrichten darf. Wir stellen die fünf Konkurrenten vor. Gestern haben wir aus New York berichtet. Heute: Madrid.

„Wir bieten die umweltfreundlichsten Spiele aller Zeiten“, verspricht Madrids Bürgermeister Alberto Ruiz-Gallardon. Die große Harmonie zwischen dem Sport und der Natur – das ist der Trumpf, mit dem die spanische Hauptstadt den Dreikampf zwischen Paris, London und Madrid um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2012 doch noch gewinnen will. Nach dem Bombenanschlag der baskischen Terrorgruppe Eta, die einen Sprengsatz auf dem Parkplatz des Olympiastadions hochgehen ließ, muss Bürgermeister Ruiz-Gallardon das Internationale Olympische Komitee (IOC) freilich auch noch davon überzeugen, dass Madrid tatsächlich die „sicherste Stadt der Welt“ ist.

Den beiden Mitbewerbern Moskau und New York waren im Prüfbericht des Internationalen Olympischen Komitees Anfang Juni geringere Chancen als Madrid eingeräumt worden. Paris und London hatten in der Vorbewertung des IOC hingegen besser abgeschnitten als die spanische Metropole. Madrids Olympiastrategen fühlten sich ungerecht behandelt. Ihrem Konzept war hauptsächlich angelastet worden, dass es in nicht ausreichendem Maße Hotelkapazitäten beinhalte. Nun, im unmittelbaren Endspurt vor der IOC-Entscheidung am 6. Juli in Singapur, konzentrieren sich die Spanier auf das, was die IOC-Prüfer in Madrid besonders beeindruckt hatte: die Idee der Öko-Spiele.

Eine grüne Vision, die der in Sachen Umweltschutz bisher ziemlich unterentwickelten spanischen Gesellschaft zweifellos gut tun würde. Und so will Madrids Bürgermeister das Konzept von den ersten „autofreien Spielen“ auch dazu nutzen, gleich der ganzen Hauptstadt umweltgerechtes Benehmen beizubringen. Sogar die Umweltorganisation Greenpeace ließ sich davon überzeugen, dass umweltfreundliche Spiele in Madrid gleich eine gigantische gesellschaftliche Revolution auslösen könnten. Greenpeace hat sich dazu entschlossen, die Madrider Kandidatur zu unterstützen.

Die Öko-Idee klingt in der Tat verlockend: Eine riesige Solaranlage soll das Olympiastadion von Madrid und das benachbarte Athletendorf mit Strom versorgen. In allen Sporteinrichtungen soll dank Abfallvermeidung und Recycling so wenig Abfall wie möglich produziert werden, das Motto „Null Prozent Müll“ gelten. Nur umweltfreundliche Materialien will man verbauen. Die Mehrheit der Olympiastätten soll zu Fuß oder mit dem Fahrrad für die Athleten erreichbar sein. Und auch die Zuschauer sollen vorzugsweise mit Bus und U-Bahn transportiert werden.

Der Umweltschub durch die Veranstaltung der Olympischen Spiele ist für die spanische Hauptstadt wohl auch eine essenzielle Angelegenheit. Denn seit einigen Jahren droht Madrid am unbesorgten Leben seiner vier Millionen Bewohner zu ersticken. Es gibt Dauerstau in der City, ohrenbetäubenden Lärm auf den Straßen, bedenkliche Ozonwerte in der Luft, Energie- sowie Wasserverschwendung allerorten. Und Müllberge statt Recyclingbewusstsein trüben die Umweltqualität in der spanischen Metropole beträchtlich. Insofern, bilanziert Madrids Bürgermeister Ruiz-Gallardon, sei Olympia auch ein „Vorschlag für die Zukunft“ der Stadt.

Morgen: London

Ralph Schulze[Madrid]

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