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© DPA

Nur wenig Zuschauer: Platz da

Das Olympiastadion wirkt teilweise gräulich, weil so viele Ränge frei bleiben. Dass es so leer ist, liegt vor allem an der Leichtathletik selbst.

Viel mehr kann die Leichtathletik wohl nicht geben, als ihren besten Mann ins Rennen zu schicken, ihn einen Weltrekord laufen zu lassen und als weitere Programmpunkte noch deutsche Medaillen zu bieten. Im Stadion wollen das aber bislang weniger Menschen sehen, als sich das Organisationskomitee der Weltmeisterschaften (BOC) erhofft hatte. 5000 Karten wären noch zu haben gewesen am Sonntagabend fürs Finale über 100 Meter, den Siebenkampf und das Kugelstoßen der Frauen. Vielleicht noch erschlagen von Usain Bolts Blitzrennen saßen einen Tag später nur 30 000 Zuschauer im Olympiastadion; am Dienstagmorgen waren es 19 000, am Abend wieder etwa 30 000. Ein wenig gräulich wirkt das Olympiastadion dann angesichts vieler unbesetzter Klappsitze.

Ihr Wettkampfziel werden die Verantwortlichen des BOC wohl nicht mehr erreichen bei dieser WM. Sie wollten 500 000 Tickets verkaufen. BOC-Geschäftsführer Heinrich Clausen hatte dafür auch noch intern eine Wette abgeschlossen. Er werde, obwohl überzeugter Asket, sein erstes Glas Alkohol trinken, wenn eine halbe Millionen Tickets verkauft werden. Wie es aussieht, muss er sich nicht einmal zu einer Likörpraline überwinden.

Bis zum ersten Wettbewerb am vergangenen Sonntag hatten die Veranstalter 336 000 Eintrittskarten verkauft, dann sollte es an den Tageskassen weitergehen. Der Berliner und Brandenburger, so schätzte es der Teilzeit-Berliner und oberste WM-Kartenverkäufer Michael Mronz ein, sei spontan, weil er wisse, dass er auch kurzfristig noch überall reinkommt. Bislang sind jedoch die Kassenhäuschen am Olympiastadion nicht eingerannt worden.

Kritiker sagen, die WM-Organisatoren hätten zu spät und zu wenig geworben.

Spätestens am Donnerstag aber werde der Zulauf noch einmal ansteigen, sagen die Veranstalter. Für diesen Tag seien schon 80 Prozent der Tickets verkauft, 80 Prozent von 56 000, also etwa 45 000 Karten, für Freitag 61 Prozent und für Sonntag 75 Prozent. Der Samstag war schon als ausverkauft gemeldet. Nun sind wieder knapp 1000 Tickets zu haben, „das sind die Tickets, die aus dem Dauerkartenkontingent zurückgekommen sind“, sagt Mronz.

Auf eine Zuschauerzahl am Ende der Veranstaltung möchte er sich jetzt nicht festlegen, aber er würde wohl alles noch einmal so machen. Kritik an zu hohen Ticketpreisen zum Beispiel kann er nicht verstehen. „Es kann nicht an unseren Preisen liegen, sonst hätten wir nicht vorher so viele Karten verkauft, und sonst wäre der teurere Sonntag nicht besser besucht gewesen als der Montag und der Dienstag, an denen die Preise niedriger waren.“ Am Dienstag kosteten die günstigsten Karten abends 20 Euro.

Die Karten, die sie noch haben, werden die Veranstalter nicht günstiger abgeben. „Das wäre unfair gegenüber den Zuschauern, die dafür bezahlt haben“, sagt Mronz. Der einzige Rabatt bleibe der von 20 Prozent für Schwerbehinderte, Studenten, Zivildienstleistende, Arbeitslose. Dass WM-Sponsor Deutsche Post in der Stadt Tickets für fünf Euro anbot, hat für Mronz keineswegs etwas mit Verschleudern von Karten zu tun. „Da verstehe ich die Diskussion nicht. Das hat doch auch McDonald’s bei der Fußball-WM gemacht und es machen auch andere, wenn sie in Gewinnspielen Karten anbieten.“

Was jetzt noch getan werden kann? Nicht mehr viel, sagt Mronz, „weiter Geschmack auf die WM machen“. Mehr Präsenz sei jedenfalls derzeit nicht zu erreichen, „überall ist die WM“. Und dass über leere Plätze diskutiert wird, hält er für ein Berliner Stadtgespräch, das nicht weit über die Landesgrenze hinauskomme. Schützenhilfe bekommt Mronz von Helmut Digel, Mitglied im Council des Internationalen Leichtathletik-Verbandes. „Die Sache wird ungerecht diskutiert“, sagt er, „es sind jetzt 400 000 Tickets verkauft, mehr als es jede andere olympische Sportart könnte, und die WM findet nur in einer Stadt statt, nicht wie beim Fußball oder Handball in mehreren.“ Er hält eher die WM für zu lang, schon vor einigen Jahren hatte er den Vorschlag gemacht, die Veranstaltung auf sechs oder sieben Tage zu verkürzen, und an jedem Abend nur noch Halbfinals und Finals zu zeigen, keine Qualifikationen und Vorläufe mehr. „Wir müssten jeden Abend mindestens sechs Entscheidungen anbieten“, sagt Digel.

So viele Zuschauer wie gerade könne die Leichtathletik ohnehin nur in Deutschland mobilisieren. „Und ab Donnerstag werden wir wieder ein gefülltes Stadion mit wunderbarer Atmosphäre erleben“, sagt Digel. Dass es an den vergangenen Tagen nicht voller war, liege eben an der Leichtathletik, sie habe als Sportart unter anderem durch fehlende deutsche Erfolge und verbesserungswürdige Präsentation gelitten. Die leeren Plätze sind also die Wunden der Leichtathletik. Einige davon könnten in den nächsten Tagen noch verheilen.

Der vorletzte WM-Tag sei schon ausverkauft, hieß es. Jetzt gibt es wieder Tickets

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