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Sport: Ohne Kampf kein Spiel

Nach dem kollektiven Versagen beim Pokal-Aus steht bei Albas Basketballern die kollektive Ratlosigkeit

Berlin. Was nach Siegen die Ehrenrunde ist, wurde am Donnerstag zur Strafrunde. Nach dem Debakel im Pokalviertelfinale gegen die Skyliners Frankfurt (56:75), dem vielleicht peinlichsten Auftritt in der Vereinsgeschichte von Alba Berlin, rannten Henrik Rödl, der gesperrte John Best und einige ihrer Kollegen gleich zweimal ums Spielfeld. Sie klatschten die treuesten Basketballfans ab, die ausharrten und nicht pfeifend das Weite suchten. Es war ein Entschuldigungsversuch für einen Auftritt, der „unter aller Sau war, ein kollektives Versagen“, sagte Vizepräsident Marco Baldi, der nach dem Spiel in der Max-Schmeling-Halle beim Fan-Talk Rede und Antwort stand. „Ich bin seit dem ersten Tag bei Alba dabei und bisher noch nie in die Verlegenheit gekommen, mich für ein Spiel entschuldigen zu müssen“ – am Donnerstag aber war es so weit.

Die Kabinentüren blieben entgegen sonstiger Gepflogenheit für die Medien verschlossen, erst am späteren Abend äußerten sich einige Spieler. Dem kollektiven Versagen folgte kollektive Ratlosigkeit. „Ich kann für so ein Spiel keine Erklärung finden, ich bin sprachlos“, sagte ein konsternierter Henrik Rödl, der nach neunmonatiger Verletzungspause ein knapp vierminütiges Comeback gab. Teoman Öztürks Kopf war „leer“, Mithat Demirel ist „in diesem Verein groß geworden, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“.

Frankfurts Trainer Gordon Herbert freute sich in Anspielung auf die 51:24-Pausenführung seines Teams „über die besten 20 Minuten in den dreieinhalb Jahren, die ich in Frankfurt bin“. Einmalig war die Partie auch für seinen Kollegen Emir Mutapcic – einmalig schlecht. Und das will etwas heißen, schließlich ist er seit 1991 im Verein und hat als Spieler, Assistenztrainer und nun als Cheftrainer schon einiges erlebt. So auch in dieser Saison extrem schwache Spiele in der Europaliga im November gegen Wroclaw (53:67) und vor zwei Wochen in Treviso (65:91). Bei beiden Niederlagen mochte man noch gewisse Abstriche machen: Gegen die Polen war das Team vier Wochen nach Saisonbeginn noch nicht eingespielt, gegen die Italiener war Albas Ausscheiden längst besiegelt. Es ging nur um die Ehre – für viele offenbar kein sonderlich hohes Gut.

Doch im Pokalspiel vorgestern war klar, dass eine Niederlage das Aus bedeuten würde. Dennoch weigerten sich die Gastgeber in der ersten Halbzeit zu kämpfen, trafen nicht und waren in der Defensive nur Zuschauer. Unter dem eigenen Korb holte Alba 17 Rebounds, Frankfurt 29. Mutapcic stand tobend und hilflos neben der Trainerbank. „Wir werden fürs Basketball spielen bezahlt, aber wir sind heute nicht wie Profis aufgetreten. Wir haben keinen Respekt vor den Zuschauern gehabt“, sagte er enttäuscht.

Berlin hat starke Einzelspieler, mehrere sind Nationalspieler, doch als Team funktioniert der Deutsche Meister und Pokalsieger von 2003 nur bedingt. Daran änderte auch nichts, dass sich die Mannschaft nach der Partie in Treviso zusammensetzte, Probleme ansprach und zu beseitigen suchte. Die guten Vorsätze hielten keine zwei Wochen. In der Europaliga schied Alba mit nur drei Siegen in 14 Spielen aus. In der Bundesliga sind die Berliner, Meister der vergangenen sieben Jahre, Tabellenführer, allerdings mit zwei Spielen und einer Niederlage mehr als der Zweite aus Bonn. Doch an eine erfolgreiche Titelverteidigung ist derzeit nicht zu denken.

Ratlosigkeit herrschte nicht nur bei der Frage nach dem Warum, sondern auch nach dem „Was nun“. Das Repertoire an Konsequenzen sei „begrenzt, aber nicht erschöpft“, sagte Baldi, allerdings „haben wir auch gar keine Zeit für Gegenmaßnahmen, bis die wirken, ist die Saison um. Jetzt müssen die Selbstheilungskräfte greifen.“

Mutapcic wusste nur zu sagen, „dass Alba weiter Basketball spielt, das ist 100 Prozent sicher“, Demirel ist „erstmals als Sportler in so einer Situation. Es muss Konsequenzen geben, aber ich weiß nicht, was man macht.“ Gestern hatten die Spieler bis zum frühen Abend Zeit, in sich zu gehen, ehe sich die ganze Mannschaft traf – an deutlichen Worten dürfe es nicht gefehlt haben. Vor der Partie morgen gegen den letztjährigen Meisterschaftszweiten Bamberg (15 Uhr, Max-Schmeling-Halle) empfiehlt Baldi ein Umdenken. „Es heißt immer, Alba ist sowieso überlegen. Aber so ist es nicht. Die Ersten, die das begreifen müssen, sind wir selbst.“

Helen Ruwald

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