zum Hauptinhalt

Sport: Ohne Polster

Die Kritik an Kölns Trainer Uwe Rapolder bleibt – sein Widerstand dagegen wird heftiger

Sie hatten nun auch das sechste Spiel in Folge verloren. Doch trotz des 1:2 (1:0) gegen den FC Bayern München feierten die 50 000 Fans im Stadion im idyllischen Stadtteil Müngersdorf den 1. FC Köln, als habe er eben einen großen Sieg errungen. Als die Mannschaft geschlossen zur Südtribüne schlich, um sich bei den Anhängern zu verabschieden, da waren die Fans, wie FC-Kapitän Björn Schlicke registrierte, jedenfalls „weit weg davon, uns Kreuze auf den Rasen zu stellen“. In der Woche zuvor hatten einige den Klub schon symbolisch beerdigen wollen, als sie über Nacht Holzkreuze in den Trainingsrasen am Geißbockheim rammten – darauf die Namen derjenigen Spieler, die das 3:6-Debakel bei Eintracht Frankfurt produziert hatten.

Diese Randgeschichte zeigt, wie explosiv die Stimmung beim so hoffnungsvoll gestarteten Aufsteiger ist. Diesen Sprengstoff zu entschärfen wird auch in der kommenden Woche die Aufgabe beim FC sein, denn die wahrlich unglücklichen Umstände der Niederlage gegen den Deutschen Meister werden mit den Tagen verblassen. Man wird auch in Köln vergessen, dass Schiedsrichter Lutz Wagner einen rabenschwarzen Tag erwischte und die Kölner in entscheidenden Szenen benachteiligte – etwa, als er in der 74. Minute fälschlicherweise auf Eckball entschied und so gewissermaßen das Siegtor Ballacks vorbereitete. Auch der nicht gegebene Elfmeter, den Lucio mit einem klaren Handspiel in der 88. Minute provozierte, fließt schließlich nicht ein in die Tabelle, in der Köln scheinbar unaufhaltsam den Abstiegsrängen entgegentaumelt. Bayerns Manager Uli Hoeneß war zwar hinterher überzeugt, dass der FC nicht absteige, „wenn sie immer so spielen wie heute“. Doch ob das die Kölner vor Selbstzweifeln bewahren wird?

Sein Kollege vom FC, Andreas Rettig, war angetan von der Einstellung der Mannschaft, die „sich nicht abschlachten lassen wollte“. Er gestand zu, dass die Bayern das Spiel zunächst im Spar-Modus gewinnen wollten und die unverhofft gute Kölner Leistung erst ermöglicht hatten. „Heute will ich die Probleme nicht sehen“, sagte Rettig trotzig nach dem Spiel.

Aber all den guten Ansätzen steht in Köln die Debatte über Trainer Uwe Rapolder gegenüber. Zwar hat FC-Präsident Wolfgang Overath nach dem 3:6 in Frankfurt erklärt, man werde den Rapolder nach nur zehn Spieltagen „nicht einfach wegwerfen“. Aber auch er hat registriert, dass die Stimme des Volkes am Rhein sich gegen den aus Bielefeld gewechselten 47-Jährigen gerichtet hat. Was also wird passieren, wenn der FC am nächsten Samstag sein Auswärtsspiel in Wolfsburg verliert? Auf jeden Fall wird Overath, der Weltmeister von 1974, der mit seinem Amtsantritt vor rund eineinhalb Jahren einen Aufschwung des Klubs versprach, selbst in Zugzwang geraten. Einige Kölner Propheten sagen gar schon den 14. November als den Tag voraus, an dem der neue Trainer vorgestellt wird: Dann findet in den Kölner Messehallen die Jahreshauptversammlung statt.

Rapolder versucht derweil, den Lauf der Dinge aufzuhalten. Nach dem Spiel gegen den FC Bayern wehrte sich der Trainer energisch wie lange nicht gegen die Vorwürfe: „Ich bin kein Versuchsfeld für trivial-psychologische Ausflüge irgendwelcher Leute“, sagte er und außerdem: „Ich fühle mich jetzt genauso wenig in meiner Position gestärkt, wie ich mich in der Vorwoche geschwächt gefühlt habe.“

Was wird Rapolder neben der chronischen Erfolglosigkeit eigentlich vorgeworfen? Vor allem die Formkrise des Jungstars Lukas Podolski. Trifft der das Tor, wird er als Messias gefeiert, trifft er nicht, muss sich der Coach mit Systemdiskussionen plagen. Nach dem missglückten Auftritt Podolskis gegen die Bayern, bei dem er kein einziges Mal aufs Tor schoss, wurde Rapolder noch einmal deutlich: „Ich erwarte von ihm, dass er für die Mannschaft arbeitet und ab und zu zum Abschluss kommt. Das sind ja keine Wunderdinge.“

Auch die cholerischen Ausbrüche Rapolders, der nach den ersten Niederlagen einzelne Spieler scharf kritisiert hatte, wurden dem Mann mit dem stets braunen Teint vorgehalten. Als Rapolder sich dafür öffentlich entschuldigte und Besserung gelobte, wurde das sofort als Schwäche ausgelegt – auch von der Mannschaft, wie es heißt. Die Tatsache, dass Rapolder aufgrund der vielen Verletzten keine Zeit hatte, seinen gerühmten Konzeptfußball einzustudieren, wird unterdessen kaum noch in Rechnung gestellt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false