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Sport: Ohne Rückgrat

Beim 1. FC Kaiserslautern herrscht weiterhin das Chaos

Von Andreas Morbach

Mönchengladbach. Mit leerem Blick starrten Mario Basler, Ciriaco Sforza und Gerhard Herzog in Richtung Fernseher, der da sechs Meter Luftlinie von ihnen entfernt unter der Decke hing. Im Presseraum flimmerten gerade die letzten Szenen von Kaiserslauterns 0:3 bei Borussia Mönchengladbach über den Schirm, da verschwand Sforza lautlos aus dem Raum. Und ebenso schnell wie der Schweizer, der sich beim Warmlaufen verletzt hatte und somit zumindest nicht persönlich an dem Debakel beteiligt war, machte sich mit dem Schlusspfiff auch Basler dünne. Genauso eilig hatte er es in der 38. Minute gehabt, als er nach seiner Auswechslung direkt unter die Dusche gelaufen war.

Nur Gerhard Herzog blieb – und blickte zur Erklärung der tristen Gegenwart zurück in den April 2001. Damals, bei den 1:5- und 1:4-Niederlagen im Uefa-Cup-Halbfinale gegen CD Alaves, hat für den Geschäftsführer des FCK alles angefangen. Herzog nennt es „die Geschichte mit Alaves“. Tja, und seit dieser Geschichte „trägt Andreas eine Bürde mit sich herum“.

Die Rede ist von Andreas Brehme, dem Teammanager des 1. FC Kaiserslautern, den irgendeine böse Hexe vom Bökelberg am Samstag mit ihrem Zauberstab für 90 Minuten in Stein verwandelt haben muss. So still, so emotionslos, so unbeteiligt nahm der Mann den widerstandslosen Untergang der von ihm betreuten Fußballer zur Kenntnis. Vielleicht war es aber einfach jene Bürde, an der er mit jedem Tag schwerer trägt. „Einmal Achter, einmal Siebter“, sagt Herzog, „so schlecht war das ja gar nicht.“ Aber eben auch nicht besonders gut. Hinzu kommt, dass der schwer zugängliche Übungsleiter von den eigenen Spielern hintergangen wird. Seit Januar marschieren angeblich einige der Spieler in unregelmäßigen Abständen zum Vorstand und fordern Brehmes Entlassung. Die feine Art ist das nicht, passt aber bestens in das Bild, das der Bundesligaklub im Moment abgibt.

Wobei auch die Opposition „Unser FCK“ unter der Führung des Juristen Andreas Kirsch außer markanten Sprüchen („Ich habe noch nie so viele Personen auf einem Podium gesehen, die ohne Rückgrat sind und trotzdem gerade gehen können“) nichts zur Verbesserung der Lage beiträgt. Heute will die Opposition einen Teil von insgesamt 1200 Unterschriften – angeblich allesamt von FCK-Mitgliedern – präsentieren, um vor der ordentlichen Mitgliederversammlung am 15. Oktober eine Generalversammlung zu erreichen, bei der der Aufsichtsrat abgewählt und der Vorstand abgesetzt werden soll. Dem vom Aufsichtsrat als Nachfolger des abgedrängten Vorstandsvorsitzenden Jürgen Friedrich auserkorenen René C. Jäggi soll Kirsch („Bei ihm steht Jäggi drauf, ist aber Friedrich drin“) bereits telefonisch angedroht haben, ihn „wie alle anderen“ vom Betzenberg zu jagen. Kirsch bestreitet das. Der Schweizer Jäggi, der gestern Abend in Kaiserslautern erwartet wurde, erwägt inzwischen, Kirsch künftig in die Arbeit des Aufsichtsrates einzubeziehen. „Am besten ist, man holt ihn ins Zelt. Es ist besser, jemand pinkelt aus dem Zelt nach draußen als von draußen ins Zelt“, sagte Jäggi.

Jäggi, der den FC Basel als Präsident gerade zum Titel geführt hat, will sich jedoch erst noch einmal gut überlegen, ob er überhaupt in die Pfalz wechselt: „Bei diesem Umfeld sind Spitzenleistungen nicht möglich.“

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