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Sport: Oliver Kahn

Ein großer Torwart und sein letztes Länderspiel

Es ist 20.13 Uhr, als sich das Daimler-Stadion vor Hochachtung erhebt. Der erste deutsche Spieler betritt das Feld zum Warmmachen. Es ist Oliver Kahn. Der Torhüter war meistens der Erste, die Nummer eins. Nur bei dieser WM darf er das erst sein, als die WM für die Deutschen eigentlich schon zu Ende ist. Immerhin hat das Spiel um Platz drei noch eine schöne Geschichte, die Geschichte von Oliver Kahn. Es ist 20.53 Uhr, als Kahn zu seinem 86. Länderspiel, zu seinem ersten WM-Spiel seit dem Finale 2002 aus dem Spielertunnel tritt, als Kapitän, weil Michael Ballack verletzt fehlt. Bei der Hymne verharrt die Kamera fast endlos lange auf seinem Gesicht. Kahn singt nicht mit. Als wollte er noch einmal aller Welt seinen Eigensinn demonstrieren.

Es ist ein Oliver-Kahn-Spiel, weil es das letzte im Nationalteam für ihn sein wird, wie er später erklären wird. Aber es ist nicht unbedingt ein Spiel für Oliver Kahn, keines, in dem er permanent im Fokus steht und den Sieg retten kann. In der dritten Minute bekommt er den ersten Ball auf den Fuß, einen Rückpass von Christoph Metzelder, den er sauber weiter verarbeitet. In der elften führt Kahn den ersten Abschlag aus. Die Zuschauer hinter ihm rufen „Olli! Olli!“. Dass in der anderen Ecke kurz darauf Jürgen Klinsmann gefeiert wird, ist nicht als Anti-Kahn-Manifestation zu verstehen. Der Bundestrainer hat dem von ihm degradierten Torhüter ein untadeliges Verhalten bescheinigt.

Vor lauter Harmonie hätte man fast vergessen, dass es auch noch einen anderen Kahn gibt. Jens Nowotny lernt ihn nach einer Viertelstunde kennen, nachdem er in seinem Rücken Pauleta hat davon laufen lassen. Portugals Stürmer läuft allein auf das deutsche Tor zu, doch Kahn pariert – und brüllt anschließend Nowotny an. Der alte Kahn ist auch in der 63. Minute zu sehen. Da lenkt er einen Schuss von Deco mit einem grandiosen Reflex zur Ecke.

Selbst abgefangene Flanken bejubeln die Zuschauer. Während des Spiels bleiben Kahns Gesten knapp. Danach tritt er vor die Kameras: „Das ist überwältigend“, sagt er. „Es ist der größte emotionale Moment, den ich je erlebt habe. Dies war mein letztes Länderspiel, ein schöneres letztes Länderspiel kann es nicht geben.“ Ein großer Abschluss einer großen Karriere.

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