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Sport: Olympia 2000: Sport im Auftrag der Politik (Leitartikel)

Ist Olympia Sport? Auch, vielleicht.

Ist Olympia Sport? Auch, vielleicht. Und dann ist Olympia Mythos und Traum, Party und Business, eine Messe der menschlichen Möglichkeiten und eine Messe der menschlichen Manipulierbarkeit - sowohl der Athleten, die ihre Körper zum Experiment freigeben, als auch der Zuschauer, die die Täuschung nicht stört. Vor allem aber werden die Spiele der 27. Olympiade in Sydney ein gigantisches Fest der Menschheit werden, und es werden Spiele sein, die in hohem Maße politischen Zielen dienen.

Man wird besichtigen, wie ein Land, ein Kontinent versucht, mit seiner Geschichte ins Reine zu kommen. Das ist ein halbherziges Unternehmen, denn die Aborigines, Australiens Ureinwohner, dürfen bei den Feierlichkeiten zwar ihre Deutung der Menschheitsgeschichte erzählen. Aber das ist nur Tünche über die düstere australische Geschichte, in der die Ureinwohner entrechtet und vertrieben wurden; ihre Kinder wurden geraubt, um sie in weißen Familien umzudrillen. Eine förmliche Entschuldigung der heutigen Generation für die Untaten der vorherigen wird von der Regierung Premierminister Howards verweigert.

So muß es der Sport richten. Wolkenkratzerhoch prangt Cathy Freeman, die weltmeisterliche Sprinterin, in Sydney an einer Hauswand. Sie ist Nachfahrin der Aborigines, und sie hat den nationalen Auftrag, Gold zu gewinnen. Auf dass der Eindruck entsteht, das neue Australien kenne keine Unterschiede und ermögliche jedem und jeder den Aufstieg. Und weil das eben nichts als Schein ist, sind auch diese Spiele brisant, Proteste der Aborigines werden erwartet, dass sie friedlich bleiben, wird erhofft.

Olympia als Plattform politischer Interessen, das ist nicht gerade eine neue Erscheinung. 1936 benutzten die Nationalsozialisten die Spiele in Berlin, 1968 demonstrierten amerikanische Sportler in Mexiko ihre Black Power und gegen die Rassenpolitik im Land der Freien und Tapferen, und 1980 in Moskau boykottierte der Westen die UdSSR wegen deren Einmarsch in Afghanistan. Die Bundesrepublik stellte sich 1972 in München heiter dar, die DDR entsandte Zeit ihrer Geschichte Botschafter im Trainingsanzug. Seit der Wende aber war weitgehend Schluß mit der politischen Selbstdarstellung Deutschlands durch die Mittel des olympischen Sports.

Das ist nun anders geworden. Bei der Verabschiedung der Athleten formulierte Bundesinnenminister Otto Schily gleich mehrfach seinen politischen Auftrag an die Athleten, Emissäre zu sein für ein besseres, für ein tolerantes Deutschland. Ein positives Auftreten der Sportler in der Welt, so Schily, grenze die rechtsradikalen Elemente daheim aus der Gesellschaft und nebenbei - aber das sagte Schily nicht - könnte es das etwas in Schieflage geratene Bild Deutschlands korrigieren helfen. Wenn man es negativ sehen will, sollen also auch hier Sportler richten, was die Politik allzu lange und allzu leichtfertig übersah.

Sehen wir es positiv. Dann ist Schilys Appell eine umsichtige Einbeziehung der in diesen kommenden sechzehn Tagen populärsten Gruppe in Deutschland. Zudem stehen in ihren Reihen zahlreiche Sportler, die nicht in Deutschland geboren wurden. Und dass sie alle zusammen nicht unbedingt zu den Favoriten dieser Spiele zählen - man muss sich darüber nicht grämen. Dann fällt vielleicht der bei Olympia stets aufgestellte, aber arg chauvinistische Medaillenspiegel etwas dünner aus. Es gibt zurzeit, das hat Schily wohl erkannt, in Deutschland und für Deutschland Wichtigeres als deutsche Olympiasiege. Als Vorbilder taugen auch fröhliche, unbekümmerte, weil möglicherweise saubere Verlierer.

Ist Olympia Sport? Auch, vielleicht. Und dann ist Olympia Mythos und Traum, Party und Business, eine Messe der menschlichen Möglichkeiten und eine Messe der menschlichen Manipulierbarkeit - sowohl der Athleten, die ihre Körper zum Experiment freigeben, als auch der Zuschauer, die die Täuschung nicht stört. Vor allem aber werden die Spiele der 27. Olympiade in Sydney ein gigantisches Fest der Menschheit werden, und es werden Spiele sein, die in hohem Maße politischen Zielen dienen.

Man wird besichtigen, wie ein Land, ein Kontinent versucht, mit seiner Geschichte ins Reine zu kommen. Das ist ein halbherziges Unternehmen, denn die Aborigines, Australiens Ureinwohner, dürfen bei den Feierlichkeiten zwar ihre Deutung der Menschheitsgeschichte erzählen. Aber das ist nur Tünche über die düstere australische Geschichte, in der die Ureinwohner entrechtet und vertrieben wurden; ihre Kinder wurden geraubt, um sie in weißen Familien umzudrillen. Eine förmliche Entschuldigung der heutigen Generation für die Untaten der vorherigen wird von der Regierung Premierminister Howards verweigert.

So muß es der Sport richten. Wolkenkratzerhoch prangt Cathy Freeman, die weltmeisterliche Sprinterin, in Sydney an einer Hauswand. Sie ist Nachfahrin der Aborigines, und sie hat den nationalen Auftrag, Gold zu gewinnen. Auf dass der Eindruck entsteht, das neue Australien kenne keine Unterschiede und ermögliche jedem und jeder den Aufstieg. Und weil das eben nichts als Schein ist, sind auch diese Spiele brisant, Proteste der Aborigines werden erwartet, dass sie friedlich bleiben, wird erhofft.

Olympia als Plattform politischer Interessen, das ist nicht gerade eine neue Erscheinung. 1936 benutzten die Nationalsozialisten die Spiele in Berlin, 1968 demonstrierten amerikanische Sportler in Mexiko ihre Black Power und gegen die Rassenpolitik im Land der Freien und Tapferen, und 1980 in Moskau boykottierte der Westen die UdSSR wegen deren Einmarsch in Afghanistan. Die Bundesrepublik stellte sich 1972 in München heiter dar, die DDR entsandte Zeit ihrer Geschichte Botschafter im Trainingsanzug. Seit der Wende aber war weitgehend Schluß mit der politischen Selbstdarstellung Deutschlands durch die Mittel des olympischen Sports.

Das ist nun anders geworden. Bei der Verabschiedung der Athleten formulierte Bundesinnenminister Otto Schily gleich mehrfach seinen politischen Auftrag an die Athleten, Emissäre zu sein für ein besseres, für ein tolerantes Deutschland. Ein positives Auftreten der Sportler in der Welt, so Schily, grenze die rechtsradikalen Elemente daheim aus der Gesellschaft und nebenbei - aber das sagte Schily nicht - könnte es das etwas in Schieflage geratene Bild Deutschlands korrigieren helfen. Wenn man es negativ sehen will, sollen also auch hier Sportler richten, was die Politik allzu lange und allzu leichtfertig übersah.

Sehen wir es positiv. Dann ist Schilys Appell eine umsichtige Einbeziehung der in diesen kommenden sechzehn Tagen populärsten Gruppe in Deutschland. Zudem stehen in ihren Reihen zahlreiche Sportler, die nicht in Deutschland geboren wurden. Und dass sie alle zusammen nicht unbedingt zu den Favoriten dieser Spiele zählen - man muss sich darüber nicht grämen. Dann fällt vielleicht der bei Olympia stets aufgestellte, aber arg chauvinistische Medaillenspiegel etwas dünner aus. Es gibt zurzeit, das hat Schily wohl erkannt, in Deutschland und für Deutschland Wichtigeres als deutsche Olympiasiege. Als Vorbilder taugen auch fröhliche, unbekümmerte, weil möglicherweise saubere Verlierer.

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