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© dpa

Olympia 2010: Vancouver feiert Eröffnung - und hält inne

Im BC Place Stadium sind die XXI. Olympischen Winterspiele mit einer spektakulären, aber unaufdringlichen Show eröffnet worden. Die Zeremonie stand auch im Zeichen des georgischen Rodlers Nodar Kumaritaschwili, der am Freitag nach einem schweren Trainingssturz ums Leben kam.

Jacques Rogge sah blass und angeschlagen, im dunklen Anzug verfolgte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) die Eröffnungsfeier der Winterspiele im Football-Stadion von Vancouver. Als der Belgier später seine Eröffnungsrede hielt, war seine Stimme belegt. „Unsere Gedanken sind bei Nodar Kumaritaschwili“, sprach er - und formulierte ein paar Sätze der "Traurigkeit" und "des großem Bedauerns".  Acht Stunden vor der Eröffnung war der 21-jährige Rodler aus Georgien im Training auf der superschnellen und – gefährlichen Olympia-Bahn in Whistler tödlich verunglückt. Er flog mit mehr als 140 km/h aus der Bahn und schlug mit dem Hinterkopf vor einen ungeschützten Metallpfeiler. Mit tränenerstickter Stimme hatte Rogge am Nachmittag auf einer IOC-Pressekonferenz erklärt: „Es ist ein trauriger Tag, mir fehlen die Worte für das, was ich fühle.“

In der Figur des traurigen Präsidenten der Olympier zeigte sich das Dilemma der Eröffnungsfeier der XXI. Olympischen Winterspiele. Was sollten die Veranstalter tun? Eigentlich war der Freitag ein Tag der Trauer, dennoch kam es nicht Frage, die Eröffnungsfeier abzusagen. Denn es ist seit den Anschlägen von 1972 in München eine olympische Regel, dass die Spiele weitergehen müssen - egal, was passiert. Und so lief in Vancouver eine lange einstudierte, perfekt austarierte Jubel-Party ab, die kaum von ihrem Drehbuch abweichen konnte, da es für gravierende  Programm-Änderungen keine Zeit gab. Alle Versuche, kurzfristig Gefühle der Trauer in eine glitzernde, auf positive Emotionen ausgelegte Show einzubinden, erschienen somit zwangsläufig ungeschickt und hilflos. Vor dem Start der Feier war auf den Anzeigentafeln in weißen Lettern auf schwarzem Grund zu lesen, die Eröffnung sei dem "Gedenken an Nodar Kumaritaschwili" gewidmet. Später, erst gegen Ende der Party, gab es zwischen Musik- und Tanzeinlagen plötzlich eine Schweigeminute für den Toten. Immerhin: Als das siebenköpfige Team aus Georgien, das sich nach längeren Überlegungen zur Teilnahme an der Feier entschieden hatte, mit Trauerflor und schleppenden Schrittes ins Stadion zog, erhob sich das Publikum und applaudierte den traurigen Athleten stehend. Mehr Trauer passte jedoch nicht in das olympische Spektakel.

Wer es dennoch schaffte, alle dunklen Gedanken zu verdrängen, konnte sich an schönen Bildern und einer sehr kanadischen Show ergötzen. In Lichtprojektionen schwammen Wale durch die Arena, es rieselte Kunstschnee und Ahornblätter von der Stadiondecke. Kanadas Stars Nelly Furtado und Bryan Adams sangen im Duett. Auch die indianischen Ureinwohner Kanadas durften sich, wie es die "Political Correctness" gebietet, ausgiebig an dem Spektakel beteiligen. In bunten, traditionellen Trachten tanzte eine gute Hundertschaft Mitglieder den so genannten "First Nations" im Innenraum des Vancouver BC Place Stadium um riesige, eisige Totempfähle, während die Sportler einmarschierten. Deutscher Fahnenträger war Bobpilot André Lange. Und als schließlich die Athleten des kanadischen Teams in die Halle zogen, vibrierten die Zuschauerränge unter tosendem Applaus.

Glorreiche Taten versprechen sich die einheimischen Sportfans von ihrem Team, das war zu spüren. "We own the podium", das Podium gehört uns, lautet das kanadische Motto von Vancouver. Heißt: Die Kanadier wollen endlich werden wie ihre US-Nachbarn, nämlich echte Siegertypen, die sich nicht mehr, wie es in Kanada lange Tradition hatte, mit ehrbaren hinteren Plätzen zufrieden geben. Groß war auch der Jubel, als am Ende Eishockey-Legende Wayne Gretzky, Eisschnelllauf-Star Catriona LeMay Doan, Basketballer Steve Nash und Skirennläuferin Nancy Greene auftraten, um gemeinsam das olympische Feuer zu entzünden. Die Sache ging jedoch schief. Vier riesige Eiszapfen sollten aus dem Boden fahren, es funktionierten aber nur drei. Und so stand LeMay Doan hilflos mit ihrer Fackel da – und wusste nicht was, sie tun sollte. Ein Bild, das gut zu diesem Abend passte.

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