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Olympia: Die Mutschöpfer

Neue Ambitionen: Deutsche Schwimmer fahren verbessert nach Peking.

Berlin - Am Dienstagabend fischte Britta Steffen einen schmalen Papierstreifen aus einem Glückskeks. Dann las sie: „Nichts kann Sie aufhalten – Sie gewinnen.“ Gestern Nachmittag stand sie neben dem Becken und sagte: „War doch ein gutes Omen.“ Es war ein gutes Omen. Britta Steffen von der SG Neukölln gewann bei den deutschen Schwimm-Meisterschaften in Berlin die 50 Meter Freistil in 24,19 Sekunden. Damit unterbot sie ihren eigenen Deutschen Rekord (24,53) erheblich. „50 Meter sind auch ein bisschen Glückssache“, sagte sie. „Aber alles in allem eine ordentliche Zeit.“

Alles in allem eine ausgezeichnete Zeit. Der Europarekord steht bei 24,09 Sekunden, Britta Steffen ist für die Olympischen Spiele auch auf der kürzesten Freistil-Strecke eine Medaillenkandidatin. Über 100 Meter Freistil, dort, wo sie den Weltrekord gehalten hatte, dort peilt sie sogar Gold an. Dort hatte sie am Dienstag in 53,20 Sekunden gewonnen, das war Europarekord. Es war einer von drei Europarekorden in Berlin, dazu kamen noch sieben weitere deutsche Rekorde. Die deutschen Schwimmer können so mit einigen Ambitionen zu den Olympischen Spielen fahren. 26 Athleten werden wohl für Peking nominiert, Cheftrainer Örjan Madsen wollte sich noch nicht ganz festlegen. Aber es entspricht der Zahl, die er angepeilt hatte. In 16 von 26-Einzel-Disziplinen wurde die Norm unterboten, in drei Fällen jeweils sogar von drei Sportlern.

Das Olympiateam ist eine Mixtur aus erfahrenen, psychisch einigermaßen stabilen Athleten, und jungen aufstrebenden Talenten. Zu den Routiniers zählt Sarah Poewe, die nach zweijähriger Durststrecke mit 1:07,10 über 100 Meter Brust eine „Hammerzeit“ (Poewe) und Europarekord erreichte. Zu den Routiniers, die für Medaillen in Frage kommen, zählt natürlich auch Annika Lurz über 200 Meter Freistil. Das frühere Nervenbündel Lurz hat sich psychisch erheblich verbessert.

Bei den Männern bieten die Deutschen über 200 Meter Freistil mit Paul Biedermann einen Athleten auf, der mit seinen 1:46,37 Minuten auf Rang zwei der Jahres-Weltrangliste steht. Vor allem aber haben die Deutschen jetzt wieder eine starke 4-x-200-Meter-Freistil-Staffel. Gleich drei Athleten unterboten über 200 Meter Freistil die Olympianorm. Bundestrainer Manfred Thiesmann hat schon mal ausgerechnet, dass die Einzelzeiten zusammengezählt am Ende Europarekord bedeuten würden. Ein Zahlenspiel, aber es zeigt die neue Stärke des Teams. Auch die 100-Meter-Freistil-Staffel der Männer weckt Erwartungen, immerhin gab es in Berlin „das beste 100-Meter-Freistil-Finale aller Zeiten“, sagte der deutsche Chef-Trainer Örjan Madsen. Wesentlichen Anteil an diesem Glanzlicht hatte Steffen Deibler, ein 19-jähriger Oberschwabe, der nicht bloß auf dieser Distanz deutschen Rekord schwamm (48,55), sondern auch über 50 Meter Freistil (22,11). Die Lagenstaffel der Männer wird in Peking nicht starten, und das ist eine herbe Enttäuschung. Das Quartett kämpfte gestern um einen Quotenplatz bei den Olympischen Spielen, doch den verpasste es durch die Siegeszeit von 3:37,29 Minuten. Für einen Olympiaplatz hätte die Staffel rund eine Sekunde schneller sein müssen. Vor allem der erkältete Johannes Neumann blieb unter den Erwartungen.

Trotz dieser Enttäuschung zieht Madsen am Ende eine positive Bilanz: „Wir sind wieder da. Wer uns schon abgeschrieben hatte, der war zu früh dran.“

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