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© AFP

Olympia-Fan: George W. Bush: Lahme Ente im Schwimmbad

Premiere für einen US-Präsidenten: George W. Bush, Präsident auf Abruf, besucht Olympische Spiele außerhalb des eigenen Landes. Und er hat sichtlich Spaß - was daheim nachsichtig bis bestürzt kommentiert wird.

Zum Ende seiner Amtszeit wird George W. Bush noch einmal so richtig revolutionär. Als allererster US-Präsident besucht er Olympische Spiele außerhalb der Vereinigten Staaten - und das gleich für vier Tage und vier Nächte! Es war zudem sein längster Aufenthalt in einem fremden Land, seit er Präsident ist. Und noch ein Rekord: Mit seinem vierten Besuch in dem kommunistischen Land hat Bush China nun häufiger als jeder andere amtierende US-Präsident besucht.

Sportfan Bush ist sichtlich in seinem Element, wenn er im Sand mit den amerikanischen Beachvolleyballern baggert, begeistert Fähnchen im Schwimmstadion schwenkt oder "sein" Dream Team beim Basketball-Match gegen Gastgeber China beklatscht. Zu Hause als "lame duck" (lahme Ente), als Präsident auf Abruf, gehandelt, kann er sich in Peking der vollen öffentlichen Aufmerksamkeit gewiss sein. Nichts bleibt unbeoachtet. Und zur Verstärkung hat er neben Ehefrau Laura und Töchterchen Barbara gleich noch Vater George, Schwester Dorothy und Bruder Marvin mitgebracht.

Nur die First Lady wirkt gelangweilt

Selbst die kritischen amerikanischen Medien kommentieren die Trainingseinheiten ihres Präsidenten denn auch erstaunlich nachsichtig. Die "Washington Post" nennt Bush den "First Fan" und spöttelt lediglich, dass First Lady Laura etwas gelangweilt gewirkt habe. In der "New York Times" wird ausführlich beschrieben, wie Bush der spärlich bekleideten Beachvolleyballerin Misty May-Treanor - statt wie üblich einen Klaps auf den Hintern zu geben - nur diskret den Rücken tätschelte, und wie er locker gekleidet die olympische Mountainbike-Strecke abradelte. Sogar "ein bisschen Arbeit" habe Bush noch in seinen Terminkalender gequetscht, als er Präsident Hu Jintao und andere chinesische Spitzenpolitiker traf.

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Präsidiale Unterstützung. Bush schwört sich mit dem US-Basketball-Team vor dem Spiel gegen China ein.

© AFP

Die "Los Angeles Times" titelt in einem ihrer Olympia-Blogs: "Präsident Bush in Peking: Radfahren, Strand, Bikinis". Und bei "ABC News" heißt es, der US-Präsident habe die Spiele zeitweise unbekümmert "wie ein Kind" genossen. Schneidende Kritik klingt anders.

Politik auf der Zuschauertribüne

Manche Leser stören sich zwar erwartungsgemäß an seinem fröhlichen Treiben. "Es ist bestürzend zu sehen, wie sich unser Präsident amüsiert ... den Auftritt einer Nation beklatscht, von deren Bevölkerung aufgrund seiner Lügen 1,3 Millionen Menschen ermordet und Zehntausende verstümmelt wurden. Ich fühle nichts als Schande und Schmach", schreibt ein Leser-Kommentator auf der Internetseite der "New York Times". Doch andere wiederum gönnen ihm seinen Spaß: "Auch Bush ist nur ein Mensch. Es ist schön zu sehen, dass er sich amüsiert."

Politik auf der Zuschauertribüne scheint Bush besonders zu liegen. Das wird auch zuhause bemerkt. Die "USA Today" titelt: "Bush jongliert mit Sport und Diplomatie." Während es die "New York Times" "verwirrend" nennt, wie er beides immer wieder vermische, äußert sich die "USA Today" anerkennend über die umsichtige Art, wie er einerseits für Menschenrechte aufstehe und andererseits die Gastgeber nicht vor den Kopf stoße. Ein bisschen mahnt Bush zwar die Einhaltung der Religionsfreiheit an. Aber auf harte Worte über Chinas Umgang mit den Menschenrechten des sonst in dieser Hinsicht nicht gerade zurückhaltenden US-Präsidenten in Peking warten viele vergebens. Immerhin ist die Volksrepublik inzwischen zweitgrößter Handelspartner der Vereinigten Staaten.

Juliane Schäuble

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