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Thomas Bach will sich Zeit lassen mit einer Olympia-Entscheidung.

© dpa

Olympia in Berlin: Bach kontert Wowereit

In der Debatte um Olympia in Deutschland vertagt sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und ärgert sich über Kritik aus Berlin.

Angriff abgewehrt? „Ein flapsiges Interview ist noch keine seriöse Bewerbung“, sagte Thomas Bach und sah dabei empört aus. Es war die erste Reaktion des Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) auf die Forderung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit, Deutschland solle sich mit Berlin um die Olympischen Sommerspiele bewerben. „Ich habe es immer für einen Fehler gehalten, dass man sich für Winterspiele ins Gespräch gebracht hat, obwohl man sich für Sommerspiele hätte bewerben können“, hatte Wowereit im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt und erklärt: „Berlin ist bereit für die Spiele. Denn Berlin hat alle Voraussetzungen.“

Zwischen Wowereit und Bach wird gerade ein Fernduell ausgetragen. Dabei wollte Bach doch mit seinem Präsidium am Mittwoch in Frankfurt am Main einmütig und harmonisch die Niederlage Münchens gegen Pyeongchang um die Winterspiele 2018 aufarbeiten. „Ich wüsste nicht, dass er Teil des Münchner Bewerbungskomitees war und sich vertieft Gedanken gemacht hat“, sagte Bach über Wowereit und war damit schon bei der Verteidigung in eigener Sache angekommen. Der Regierende Bürgermeister hatte ihn schließlich auch persönlich angegriffen: „Wenn wir mit einem deutschen IOC-Vizepräsidenten in eine Bewerbung um Winterspiele gehen und ein derart schwaches Ergebnis mit 25 von 95 Stimmen herauskommt, dann muss man doch mal die Frage stellen: Versteht eigentlich noch jemand, wie das IOC denkt?“

Den Eindruck der Ratlosigkeit über die deutliche Niederlage konnte Bach am Mittwoch nicht zerstreuen: „Wir sind alle überrascht worden von diesen 25 Stimmen. Wo und wann die Stimmung zugunsten von Pyeongchang gekippt ist, das weiß niemand. Es handelt sich um 95 Einzelentscheidungen.“ 95 Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hatten in der vergangenen Woche in Durban an der Abstimmung teilgenommen. Zwischendurch habe es ein „Momentum“ für die Münchner Bewerbung gegeben, sagte Bach, „keinem von uns ist hinterher gesagt worden: Mit dieser Niederlage hättet ihr eigentlich rechnen können.“ Die Niederlage wollte sich der DOSB-Präsident jedenfalls nicht persönlich zuschreiben lassen, erst recht nicht von Wowereit, der analysiert hatte, dass Deutschland im internationalen Sport nicht mehr so viel zu sagen habe. „Den Zusammenhang sehe ich nicht. Wir haben doch mehr als dreimal so viel Stimmen bekommen wie Berlin“, konterte Bach und hatte sich damit nur leicht verrechnet. Berlin hatte bei der Bewerbung um die Sommerspiele 2000 neun Stimmen bekommen.

Das DOSB-Präsidium wollte nun am Mittwoch einen Beschluss fassen, wie es mit Olympiabewerbungen in Deutschland weitergeht. Der lautet: Man werde „ergebnisoffen prüfen, ob eine zukünftige Olympiabewerbung sinnvoll ist“. Eine knapp dreistündige Sitzung und ein gemeinsames Abendessen zuvor haben den deutschen Sport also in dieser Frage nicht weitergebracht. Auch einen Zeitplan gibt es nicht. DOSB-Generaldirektor Michael Vesper sprach von einem Dreischritt: Erst werde entschieden, ob es überhaupt eine Bewerbung gibt, dann ob für Sommer- oder Winterspiele, und zum Schluss gehe es um die Bewerberstadt. Fehler hätten sie in der Münchner Bewerbung um 2018 nicht gefunden. „Es gab nicht von einer Seite irgendeinen Vorwurf oder eine Meckerei“, sagte Vesper. Und Bach lobte die Finanzierung. „80 Prozent der Bewerbungskosten sind aus privaten Mitteln zusammengekommen, das hat es meines Wissens außerhalb der USA noch nie gegeben.“

Eine Bewerbung um Sommerspiele 2020, das betonten Bach und Vesper, sei in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich. Bis zum 29. Juli müsste der Kandidat benannt sein – aufgrund eines neuen Verfahrens beim IOC. Warum das IOC dieses Verfahren eingeführt hat, versuchte Bach zu erklären: „Länder zum Beispiel aus schwierigen klimatischen Regionen können vom IOC prüfen lassen, ob sie überhaupt infrage kommen.“ Nur liegt Deutschland nicht gerade in einer sommersportfeindlichen Klimazone. Dafür hätte der deutsche Sport vielleicht früher von einem solchen Prüfverfahren profitieren können. Wenn das IOC den deutschen Sport darauf aufmerksam gemacht hätte, dass Leipzig als Ausrichterstadt für die Sommerspiele 2012 zu klein ist.

Für die Sommerspiele 2020 ist es also zu spät. 2013 entscheidet das IOC in Buenos Aires jedoch nicht nur darüber, sondern auch, wer Nachfolger von Präsident Jacques Rogge wird. Thomas Bach? „Für diese Frage ist es noch zu früh“, sagt er, „im Moment habe ich eher Durban im Kopf“, wo München verlor. Meinungsseite

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