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Olympia: In Turin steigt die Nervosität

Spezialfahnder untersuchen die Stadien in Turin nach chemischen und biologischen Waffen, Delegations-Hotels werden für Normalbürger abgeriegelt, Globalisierungs-Kritiker und Anarchistengruppen drohen mit Störaktionen.

Turin - Vor der feierlichen Eröffnung der XX. Olympischen Winterspiele am Freitagabend ist die Nervosität der italienischen Sicherheitsbehörden deutlich gestiegen.

Während die Olympia-Veranstalter noch vor einigen Tagen demonstrativ Ruhe und Gelassenheit an den Tag legten, scheint die Stimmung jetzt umgeschlagen. Grund dafür ist auch die Welle der Gewalt in der islamischen Welt nach den Mohammed-Karikaturen.

Wie die Zeitung «La Gazzetta dello Sport» am Mittwoch berichtet, wurden zu der neuesten Sicherheits-Operation rund 50 Spezialisten aus ganz Italien zusammengezogen. Sie sollen die Belüftungsanlagen in den Sportstadien, aber auch auf dem Flughafen Caselle sowie in der neuen U-Bahn auf chemische und biologische Kampfstoffe überprüfen.

«Eine gewisse Nervosität macht sich vor der Eröffnungsfeier breit», kommentiert die Turiner Zeitung «La Stampa». Aus Furcht vor Terroranschlägen aus der Luft kündigten die Behörden an, dass der Flughafen während der Eröffnungsfeier geschlossen wird. AWACS- Aufklärungsflugzeuge der NATO überwachen den Luftraum, Hubschrauber sollen nach Ultraleicht-Maschinen Ausschau halten, die das Radar «unterlaufen» könnten. Alles in allem hat Italien für die Winterspiele 15.000 Polizisten und Soldaten mobilisiert.

«Doch mehr als islamistische Terroristen fürchte ich für die Olympiade die steigende Aggressionsbereitschaft der Protestierer aus der Anti-Globalisierungs-Bewegung», warnt Innenminister Giuseppe Pisanu. Hinzu käme die anarchistische Szene, die in den vergangenen Jahren in Italien wiederholt mit spektakulären Aktionen Schlagzeilen machte - unter anderen mit der Versendung von Briefbomben an Politiker. «Sie suchen das Licht von Olympia zu nutzen», vermutet Pisanu.

Globalisierungs-Kritiker und Mitglieder der Anarcho-Szene waren es auch, die den Gipfel der G-8-Staaten in Genua 2001 für Randale nutzten. Mit Schrecken denken die italienischen Sicherheitsbehörden daran zurück: Ein Demonstrant wurde damals von einem Polizisten erschossen, es gab rund 200 Verletzte - der Polizei lief die Aktion völlig aus dem Ruder. Weiteres Kopfzerbrechen bereiten in Turin die Gegner des Baus der Hochgeschwindigkeits-Eisenbahn Lyon-Turin, die in den vergangenen Monaten schon mehrfach in Aktion traten.

«Es ist durchaus möglich, dass einige Anarchos die Olympischen Spiele zur Aktion nutzen wollen», fürchtet ein Experte aus dem römischen Innenministerium. Verschiedene Links-Gruppierungen hätten für Freitag und Samstag in Turin Proteste angekündigt. Vor allem die Eröffnungsfeier gilt als ein erster neuralgischer Termin der Winterspiele, insgesamt über 40 Staats- und Regierungschefs sind angesagt, unter ihnen Bundespräsident Horst Köhler.

Schon haben die meist linksgerichteten «No-Globo»-Vertreter eine weitere Zielscheibe gefunden: Laura Bush, Ehefrau des US-Präsidenten, ist auch in Turin und will der Universität einen Besuch machen und dabei der Bibliothek 200 Bücher schenken. Das gefällt einigen Studenten nicht: «Dagegen werden wir vorgehen. Die Universität muss ein Platz ohne Krieg bleiben.» (Von Peer Meinert, dpa)

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