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Sport: Olympia ohne Badelatschen

Nein, Claudia Pechstein ist mit der Einkleidung des deutschen Olympiateams nicht einverstanden. "Natürlich könnte ich es mir leisten, aber ich finde, Olympische Spiele sind etwas Besonderes, da gehört das einfach dazu", sagt die 29-Jährige.

Nein, Claudia Pechstein ist mit der Einkleidung des deutschen Olympiateams nicht einverstanden. "Natürlich könnte ich es mir leisten, aber ich finde, Olympische Spiele sind etwas Besonderes, da gehört das einfach dazu", sagt die 29-Jährige. Was vermisst die Eisschnellläuferin, dass sie es auf einer Pressekonferenz vor der Eröffnungsfeier verkünden muss? Fehlen Mütze, Handschuhe oder warme Socken? Claudia Pechstein sagt: "Es waren keine Badelatschen dabei."

Salt Lake City 2002 Newsticker: Aktuelle Nachrichten von den XIX. Winterspielen sowie weitere Sportmeldungen Noch so ein Beispiel, warum Claudia Pechstein als eigenwillig gilt und im Vergleich zu ihrer deutschen Konkurrentin Anni Friesinger in der Öffentlichkeit zumeist schlechter wegkommt. Sie sagt, was sie denkt und verkauft sich nicht so unbeschwert wie die Kollegin aus Inzell. Heute streiten sich Claudia Pechstein und Anni Friesinger ab 21 Uhr um eine olympische Goldmedaille im Eisschnelllaufen über 3000 Meter. Beide verstehen sich nicht besonders gut, weshalb die "Bild-Zeitung" der zierlicheren Claudia Pechstein in einer Schlagzeile einen "Busen-, Geld- und Goldneid" unterstellt. "Mir wäre das nicht eingefallen", sagt Claudia Pechstein. Und lacht, denn die Auswüchse des Eislaufduells in den Medien lassen sie inzwischen kalt. "Das ist für mich keine Überraschung und nur logisch nach diesem Saisonverlauf." Doch für die Polizeimeisterin beim Bundesgrenzschutz sind Olympische Spiele mehr als nur das Duell Pechstein gegen Friesinger. "Es sind noch andere am Start."

Andere sind es auch, die Claudia Pechstein immer im Weg standen. 1998 in Nagano gewann sie zwar Gold über 5000 Meter und Silber über 3000 Meter, doch Gunda Niemann-Stirnemann lief mit einmal Gold und zweimal Silber noch besser. Diesmal ist ihre alte Konkurrentin wegen einer Babypause nicht dabei, doch nun rutscht ihr Anni Friesinger in die Quere. "Die Anni geht ihren Weg, und ich gehe meinen", sagt Pechstein. Elfmal hat sie in dieser Saison gegen Friesinger verloren, was das Verhältnis zwischen der Polizeimeisterin und dem Glamour-Girl weiter verschlechterte. Nach den Allround-Europameisterschaften in Erfurt zankten sich die beiden öffentlich vor laufender Fernsehkamera. Auf die Stimmung im deutschen Eisschnelllaufteam wirkt sich die Rivalität der Schlittschuhläuferinnen jedoch nicht negativ aus. "Zicken-Alarm ist nicht", berichtet die deutsche Eisschnellläuferin Sabine Völker, "wir spielen zwar noch nicht Bridge zusammen, aber es ist alles total entspannt und relaxt."

Es ist schon bemerkenswert, wie ungleich die beiden Konkurrentinnen sind. Friesinger gegen Pechstein bedeutet West gegen Ost, Jung gegen Alt, PR-Mitarbeiterin gegen Polizeimeisterin, Laut gegen Leise, Reich gegen Arm, neuer Schlittschuh gegen altes Modell. "Ich werde mit meinem alten System weiterlaufen", sagt Pechstein. Die ersten Trainingsrunden im Utah Olympic Oval stellen Pechstein zufrieden. "Das war die richtige Entscheidung." Nur die trockene Luft bereitete der 29-Jährigen Schwierigkeiten. "Die Luft ist schwierig zu atmen", sagte Pechstein, "und ich habe ohnehin schon Probleme mit den Bronchien."

Bis zum vorletzten Tag der Olympischen Spiele muss Claudia Pechstein warten, ehe sie auf ihrer Paradestrecke über 5000 Meter zum Einsatz kommt. Nach 1994 und 1998 möchte sie sich dann zum dritten Mal eine goldene Medaille um den Hals hängen lassen. Am Tag zuvor wird sie ihren Geburtstag begehen, von Feiern kann zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede sein. "Das machen wir dann am 23. Februar abends." Sie wird 30 während der Spiele von Salt Lake City, für manche ist das ja ein Anlass, das Leben in Zukunft gelassener anzugehen. Auch, wenn sie keine Badelatschen bekommen haben.

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