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© dpa

Olympische Außenseiter: Belgien sucht den Super-Bob

Elfje Willemsen und Eva Willemarck wurden von einem Fernsehsender für die Olympischen Spiele gecastet. Dabei konnten sie sich nur schwer mit dem Sport anfreunden.

Eigentlich hatte Elfje Willemsen vor zweieinhalb Jahren sofort wieder mit dem Bobfahren aufhören wollen. „Ich mochte es in den ersten Monaten nicht“, sagt die blonde Belgierin, „es gab so viele Möglichkeiten zu stürzen.“ Doch weil jeder ihrer Läufe in Winterberg von einem Fernsehteam beobachtet wurde, überlegte sie sich das mit dem Aufhören noch einmal. „Ich habe weitergemacht, weil die Kameras da waren“, sagt Elfje Willemsen, „ich wollte nicht in Belgien als schwaches Mädchen dastehen.“

Der belgische Fernsehsender VRT ist in jeder Hinsicht der Grund dafür, dass bei den Winterspielen in Vancouver mit Elfje Willemsen und Eva Willemarck erstmals ein belgischer Frauenbob an den Start geht. Der Sender hatte vor zweieinhalb Jahre 70 Sportlerinnen gecastet und die besten zwei in einen Bob gesetzt. „Das ist aber nicht so eine Show wie Big Brother oder Deutschland sucht den Superstar“, erklärt Willemsen, „das ist eine wissenschaftliche Dokumentation.“ Die Sendung trägt ausgerechnet den Titel „Operation Vancouver“, was angesichts der gefährlich schnellen Eisbahn im Whistler Sliding Center eine andere Bedeutung bekommt. Willemsen sieht aber in ihrer mangelnden Erfahrung keine Gefahr. „Die Bahn in Whistler ist meine Lieblingsbahn, sie ist schnell und herausfordernd“, sagt die 25 Jahre alte ehemalige Speerwerferin, „ich mag Bahnen, auf denen man nicht einschläft.“

Zwar ist auf derselben Bahn auch der georgische Rodler Nodar Kumaritaschwili tödlich verunglückt. Trotzdem ist bei der belgischen Bobpilotin von Angst nichts zu bemerken: „Rodeln und Bobfahren sind zwei verschiedene Sportarten.“ Aber bei den Zweierbobs der Männer sind auch 14 Bobs im Training und Rennen gestürzt. „Männer können eben nicht fahren“, sagt Elfje Willemsen – und lacht mit ihrer Bremserin. „Nein, wir sind einfach langsamer als die Männer, schon am Start.“

Am Dienstagabend kam ihr Bob Belgien I im ersten Lauf immerhin auf eine Spitzengeschwindigkeit von 144 Stundenkilometern. „Mit dem ersten Lauf sind wir zufrieden, beim zweiten hätten wir es besser machen können“, sagt Elfje Willemsen. Sie wollen unter die besten 16 kommen, nach den ersten beiden Läufen belegen sie Platz 15 (Läufe drei und vier nach Redaktionsschluss beendet). „Für die zweieinhalb Jahre, die sie im Bob sitzen, fahren sie eine sehr gute Linie“, lobt der ehemalige Bob-Olympiasieger Christoph Langen, „aber die Zeitabstände braucht man sich noch nicht ansehen.“ Er glaubt, dass es nicht gegen den Bobsport sprechen muss, dass die beiden Belgierinnen nach so wenigen Jahren sich bereits für Olympia qualifizieren konnten. „Ich denke, sie haben gut trainiert“, sagt Christoph Langen, „das zeigt, dass sie großes Talent haben, vielleicht sehen wir sie irgendwann ganz weit vorne.“ Offenbar haben auch die Wissenschaftler tatsächlich die talentiertesten Fahrer für die Dokumentation ausgewählt.

In Belgien sind Elfje Willemsen und Eva Willemarck durch das Fernsehen sehr bekannt. Das merkt man auch an der Eisbahn in Whistler. Ein paar Zuschauer schwenken belgische Fahnen, vor der Tribüne hängt ein Plakat: „Unterstützt das E-Team, Elfje, Eva, Evi“. Und immer noch folgt ihnen das Fernsehteam für die Dokumentation. Allerdings nicht mehr lange. „Der Fernsehsender, der uns finanziert hat, steigt nach diesen Spielen aus“, erklärt Eva Willemarck, eine ehemalige 100-Meter-Läuferin, „sie haben alles über den Bobsport erklärt, sonst wäre es zu sehr eine Realityshow.“ Nun hoffen beide, mit ihrer Leistung in Whistler Sponsoren anlocken zu können. Denn sie wollen mindestens bis Sotschi 2014 weiterfahren.

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