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Olympische Winterspiele: „Wir haben eben Kleinbetriebe“

Salzburgs Bewerbungschef Franz Klammer über Ökonomie, Politik und die Vergabe der Winterspiele 2014.

Herr Klammer, was wird am Mittwoch bei der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2014 entscheiden?

Wenn wir das wüssten, hätten wir noch mehr darauf hingearbeitet. Schauen Sie sich die Vergabe der Sommerspiele 2012 an: Paris hat es doch in der Tasche gehabt. Dann ist es London geworden. Wenn Sie in der Lobby 15 wichtige Leute des Internationalen Olympischen Komitees fragen, bekommen Sie 16 verschiedene Antworten. Der eine sagt: Der Evaluierungsbericht ist wichtig. Der andere meint: Die Präsentation ist wichtig. Eine Kombination von allem wird entscheiden.

Befürchten Sie, dass die Politik beim IOC Einfluss nehmen könnte, etwa in Gestalt des russischen Präsidenten Wladimir Putin für Sotschi?

Zunächst muss ich sagen: Wir haben zwei ganz starke Mitbewerber. Aber wir heben uns doch deutlich ab mit unserer Erfahrung und unseren schon vorhandenen Sportanlagen. Natürlich werden die versuchen, Putins Power einzusetzen. Aber das kann in jede Richtung losgehen.

Sie befürchten nicht, dass Putin dem IOC politische Versprechungen macht?

Solche Sachen können wir jedenfalls nicht, das muss man ganz klar sagen. Wir können die Expertise und die Erfahrung bieten, dass wir ein gutes Verkehrskonzept und umweltmäßig keine Probleme haben. Wir bieten Spiele für die Jugend, weil alles leicht zugänglich sein wird. Es werden Festspiele, nicht nur Sportspiele.

Russland hat den politischen Einfluss, Südkorea den wirtschaftlichen mit dem IOC- Großsponsor Samsung. Dagegen kommt Ihre Bewerbung bescheiden daher.

Wir haben nicht diese ökonomischen Kräfte. Aber wir haben viele Garantien. Alle Verträge sind abgeschlossen. Wenn wir den Zuschlag kriegen, gibt es alles, bloß keine Überraschungen. Die Spiele werden so, wie wir das vorgestellt haben.

Das IOC verlangt von den Bewerbern, dass sie einen Beitrag leisten zur Geschichte der Olympischen Spiele. Welche Geschichte könnte Salzburg erzählen?

Unser Slogan ist: Aus der Tradition in die Zukunft. Es mag sein, dass ein neues Kapitel aufgeschlagen wird, wenn die Spiele nach Korea kommen. Und der Sport muss sich mit all den Problemen, die er hat, erst neu definieren. Aber es geht auch darum, dass man die Jugend motiviert. Ich wurde motiviert durch Egon Zimmermann ...

… der 1964 in Innsbruck Olympiagold in der Abfahrt gewann …

… als ich ihn damals gesehen habe, da habe ich mir gesagt: So etwas möchte ich werden. In Salzburg kann man solche Geschichten hautnah erleben.

Wird es eine Entscheidung zwischen klassischer Bewerbung und experimenteller? Ihre Bewerbung wird als die technisch beste gelobt. Aber Südkorea und Russland hatten noch nie Winterspiele und könnten etwas ganz Neues bieten.

Das kann ein Faktor sein, das ist uns auch klar. Deshalb betonen wir, dass wir eine Nation sind, wo der Wintersport stattfindet, und zwar schon seit vielen Generationen. Wir haben mit Innsbruck zweimal hervorragende Winterspiele abgewickelt und sind dabei einmal eingesprungen. Das hat das IOC hoffentlich nicht vergessen. Die waren in einem großen Dilemma. Olympia 1976 war nach Denver vergeben, aber die waren nicht in der Lage, das Ding zu stemmen. Innerhalb von drei Jahren haben sie Ersatz gebraucht.

Die Bob- und Rodelbahn am Königssee gehört zu Ihrer Bewerbung. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Deutschen?

Hervorragend. Ich bin deshalb auch zuversichtlich, weil wir ein Superteam haben. Wir haben mit Österreich schon Bewerbungen verloren, mit Klagenfurt und vor vier Jahren mit Salzburg. Da waren wir einfach noch nicht so weit. Jetzt treten wir kompakt auf. Mithilfe des IOC haben wir unser Konzept gestrafft, von drei olympischen Dörfern auf zwei. Unsere deutschen Partner in Berchtesgaden wissen auch, wie es funktioniert. Die Bahn passt deshalb genau in unser Konzept.

Um Ihren Vorgänger Fedor Radmann ranken sich bis heute Gerüchte. Er ist angeblich aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden. Dann sollen die Russen versucht haben, ihn abzuwerben.

Das ist Geschichte und berührt uns nicht. Wir beschäftigen uns nicht mehr mit Sachen, die wir nicht ändern können.

Haben Sie sich mit ihm abgesprochen?

Ich habe den Herrn Radmann eigentlich nur zwei-, dreimal getroffen. Als er abgetreten ist, habe ich mit ihm überhaupt nichts mehr zu tun gehabt.

Ärgert es Sie, dass einige Deutsche und Österreicher nicht für Salzburg arbeiten, sondern für Sotschi wie Willy Bogner und Markus Wasmeier, die den Bewerbungsfilm produzieren, oder Skilegende Karl Schranz, der als Berater auftritt?

Es ist Willy Bogners Job, und er arbeitet mit Wasmeier zusammen. Von solchen Projekten lebt er ja. Da habe ich mich nicht eine Sekunde drüber geärgert. Und Karl Schranz muss das mit sich selber ausmachen. Das ist sein Bier.

Wie haben Sie denn den Bericht der Evaluierungskomission aufgenommen?

Insgesamt hat die Kommission uns bescheinigt, dass wir gut aufgestellt sind. Nur in einem Punkt gab es ein Missverständnis: dass wir zu niedrige Kosten für die Sicherheit hätten. Aber die Sicherheit übernimmt bei uns der Staat, deshalb ist es auch nicht im Budget drin.

Der Evaluierungsbericht bescheinigte Ihnen nur 42 Prozent Zustimmung der Bevölkerung. Sie hatten eine Studie mit 80 Prozent vorgelegt. Was stimmt denn nun?

Als die Evaluierungskommission da war, war es ein ungünstiger Zeitpunkt. Da wurde in der Bevölkerung viel über das Budget diskutiert. Aber inzwischen ist die Akzeptanz in Österreich sehr hoch, auf jeden Fall über 80 Prozent.

Die Quartierpläne sind ebenfalls angemahnt worden.

Es wurde kritisiert, dass es schwierig sei, mit so vielen kleinen Betrieben alles auf die Reihe zu kriegen. Aber das ist unsere Struktur: Wir haben eben Familienbetriebe, wir haben Kleinbetriebe, nicht diese großen Kästen. Das ist auch gut so.

Bereitet Ihnen der Dopingskandal aus Turin 2006 noch Kopfschmerzen?

Angenehm ist es auf keinen Fall. Aber das Österreichische Olympische Komitee, das ÖOC, hat sich ganz klar distanziert. Der Zeitpunkt war ungünstig, aber da muss man durch. Ich glaube auch nicht, dass das so ein Riesenthema sein wird. Okay, Kritiker haben angemerkt: Warum ist nicht schon früher etwas passiert? Weil eben jetzt erst die Fakten auf dem liegen. Dann hat man erst reagieren können.

Ist es denn ein Vorteil für die Bewerbung, dass Peter Schröcksnadel keine so große Rolle mehr spielt in Österreich?

Das kann ich nicht beurteilen. Es ist so, dass Schröcksnadel ausgeschieden ist als Vizepräsident des ÖOC, aber nach wie vor Skiverbandspräsident ist. Das ist nach wie vor der erfolgreichste Verband, den wir haben. Aber das eine wird nicht in Verbindung mit dem anderen gebracht, hoffe ich. Wir müssen das IOC davon überzeugen, dass uns der Kampf gegen Doping ein echtes Anliegen ist, auch mit dem Anti-Doping-Gesetz in Österreich.

Was bedeutet Ihnen die Aufgabe als Bewerbungschef eigentlich?

Für mich ist das eine Lebenserfahrung. Der einzige Wermutstropfen ist, dass ich mit der Entscheidung nichts zu tun habe. Ich würde gerne sagen: Ich habe gewonnen oder aus eigenen Stücken verloren.

Das Gespräch führte Friedhard Teuffel.

Franz Klammer, 53, ist der internationale Vorsitzende der Salzburger Bewerbung. Er wurde 1974 Ski-Weltmeister in der Kombination und 1976 in Innsbruck Olympiasieger in der Abfahrt.

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