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Hauen und Stechen. Fabian Wiede (rechts) versucht sich in dieser Szene gegen Nikola Karabatic und Ludovic Fabregas. Kreisläufer Hendrik Pekeler kann nur zuschauen. Der Kreisläufer war einer der Unglücklichsten im deutschen Team.

© Reuters

Olympisches Handballturnier: Deutschland scheitert herzzerreißend knapp an Frankreich

Deutschlands Handballer liefern sich ein großes Match mit dem dominantesten Team des letzten Jahrzehnts – nach dem 28:29 gegen Frankreich spielen sie nun am Sonntag um Bronze.

Von Christian Hönicke

Hendrik Pekeler hatte Historisches angekündigt. „Irgendwann muss jede Ära mal enden“, hatte der Kreisläufer gesagt. „Jetzt ist es ein guter Zeitpunkt, die Franzosen zu schlagen.“ Die deutschen Handballer waren vor dem olympischen Halbfinale optimistisch gewesen, das herausragende Team des vergangenen Jahrzehnts, vielleicht sogar das beste der Geschichte zu stürzen. Doch der Zeitpunkt war am Freitag noch nicht gekommen, die Epoche der Franzosen geht noch ein bisschen weiter. Beim dramatischen 29:28 (16:13)-Sieg wehrten sie den Angriff der aufmüpfigen Deutschen auf den Thron des Welthandballs noch einmal ab. Die große Generation um Nikola Karabatic, Daniel Narcisse und Thierry Omeyer kann nun am Sonntag in Rio zum dritten Mal in Folge Olympiasieger werden. „Hut ab vor Deutschland, sie haben die neuen Regeln von allen Teams am besten umgesetzt“, sagte Karabatic anerkennend. „In der ersten Halbzeit haben wir eine schwache Deckung gespielt, aber in der zweiten war es ein geiler Fight“, sagte Nationalspieler Paul Drux. „Darauf können wir sehr stolz sein“, ergänzte er, „wir hätten die Verlängerung wirklich verdient gehabt.“

Der erste Olympiasieg einer deutschen Mannschaft im Hallenhandball nach dem Triumph der DDR 1980 muss also weiter warten. Die junge Mannschaft von Dagur Sigurdsson hat aber gegen den großen Favoriten gezeigt, dass sie nach dem Gewinn der EM tatsächlich in der Weltspitze angekommen ist. Nach einem Sieben-Tore-Rückstand Mitte der zweiten Halbzeit fiel sie nicht auseinander, sondern kämpfte sich zurück ins Spiel und scheiterte nur herzzerreißend knapp. Sie kann aber am Sonntag im Spiel um Bronze immer noch die erste olympische Medaille seit 2004 gewinnen. Gegen wen die Mannschaft dann antritt – Dänemark oder Polen – war bei Redaktionsschluss noch nicht klar.

Die Franzosen haben seit 2004 bei Olympischen Spielen kein K.o.-Spiel mehr verloren. 2008 und 2012 wurden sie Olympiasieger, fünf Helden von London sind auch in Rio wieder dabei. Und natürlich saß auch wieder Trainer Claude Onesta auf der Bank, der seit 2001 insgesamt neun internationale Titel mit seinem Team gewonnen hatte, davon viermal die Weltmeisterschaft.

In der Vorrunde hatten die Franzosen – mit Ausnahme der Niederlage gegen Kroatien – so souverän wie eh und je gespielt. Auch gegen die deutsche Mannschaft kam der Favorit besser ins Spiel. Die starke Abwehr des Olympiasiegers hielt den Gegner auf Abstand, kaum einmal kamen die Schützen des Gegners frei zum Abschluss. Die deutsche Abwehr dagegen fand überhaupt kein Mittel gegen die Stars des Gegners, die fast jeden Angriff mit einem Tor abschlossen. So zog Frankreich auf 7:4 davon, sehr zur Freude der französischen Fans, die deutlich lautstärker waren als die Anhänger aus Berlin, Magdeburg und Altenburg.

Schon nach rund zehn Minuten wechselte Sigurdsson Torhüter Andreas Wolff aus und brachte Silvio Heinevetter. Doch auch der Berliner konnte meist nur die Geschosse aus dem Netz sammeln, bald stand es 10:6. So musste Sigurdsson schon früh regelmäßig die riskante Angriffsvariante mit einem zusätzlichen Feldspieler und ohne Torwart spielen lassen. Doch selbst in Überzahl musste sich der Europameister jedes Tor hart erarbeiten, kaum einmal kamen Anspiele an den Kreis durch. Und wenn doch, war da noch Omeyer, die grauhaarige Ballvernichtungsmaschine. Mit drei Toren Rückstand ging Sigurdssons junges Team in die Pause (13:16).

Zur zweiten Halbzeit kehrte Andreas Wolff zurück auf die Platte, aber zunächst nicht das Glück. Innerhalb von sechs Minuten zogen die Franzosen auf 20:14 davon, ehe erneut Heinevetter zurückkam und großen Anteil an der Aufholjagd hatte. Neben Heinevetter konnte einzig Linksaußen Uwe Gensheimer dagegenhalten, er warf elf der deutschen Tore. Beim Stand von 24:18 drohte ein ähnliches Debakel wie bei der Weltmeisterschaft 2011 in Schweden (23:30), doch das deutsche Team brach nicht auseinander. Fünf Minuten vor Schluss war es auf 25:27 herangekommen, eine Minute vor Schluss traf Tobias Reichmann zum umjubelten 28:28-Ausgleich. Doch der letzte Angriff gehörte dem Ancien Régime. Drei Sekunden waren noch zu spielen, als Daniel Narcisse zum 29:28 traf.

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