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Sport: Olympisches Verbrechen

Sport und Politik wollen gegen die Eislauf-Mafia vorgehen

Hamburg (dpa). Der Einbruch der organisierten Kriminalität in den Sport hat weltweit Aktivitäten ausgelöst. Nach Bekanntwerden der Einflussnahme des russischen Mafia-Bosses Alimsan Tochtachunow auf zwei Eiskunstlauf-Wettbewerbe der Olympischen Winterspiele in Salt Lake City will nun auch der Sport den Skandal neu aufrollen. „Sobald wir konkrete Hinweise bekommen, werden wir handeln“, kündigte der Präsident der Internationalen Eislauf-Union (ISU) Ottavio Cinquanta an. „Es ist unsere Pflicht, unseren Sport zu schützen.“ Der Italiener steht vor allem unter dem Druck des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

Sollten sich die Manipulationsvorwürfe bestätigen, schließt IOC-Chef Jacques Rogge „die Annullierung der Olympia-Ergebnisse“ nicht aus. Sein Vize Thomas Bach hat sich am Freitag in einem Brief an Otto Schily gewandt und gefragt, ob der Bundesinnenminister über Informationen verfüge. Tonbandaufnahmen internationaler Geheimdienste hatten auf die Spur von Tochtachunow geführt. Bach regt eine Kooperation zwischen Staat und Sport an. Schily sei bereit, „den Sport zu unterstützen“, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums mit.

Die italienische Polizei hatte im Zuge einer europaweiten Aktion gegen Geldwäscher Telefongespräche von Tochtachunow mit bis zu sechs Eiskunstlauf-Kampfrichtern abgehört. Laut FBI soll der 53-Jährige einen Sieg des russischen Paares Elena Bereschnaja/Anton Sicharulidse arrangiert und in einem Gegengeschäft mit dafür gesorgt haben, dass im Eistanz die Exilrussin Marina Anissina mit ihrem französischen Partner Gwendal Peizerat Gold gewinnt.

Die von der ISU für drei Jahre gesperrte französische Kampfrichterin Marie-Reine Le Gougne bestreitet jeglichen Kontakt mit Tochtachunow. Der Russe sitzt in Venedig in Untersuchungshaft, die USA verlangen seine Auslieferung. „Wahr ist, dass mich am Abend vor meiner Abreise aus Salt Lake City ein FBI-Mann gefragt hat, ob ich einen Russen kennen würde, wobei ich mir noch nicht einmal den n gemerkt habe“, sagte Le Gougne. Unmittelbar nach der Entscheidung in Salt Lake City hatte sie erklärt, es habe einen Erpressungsversuch gegeben. Diese Aussage hat die Französin später widerrufen.

Durch die aufgezeichneten Telefongespräche mit Tochtachunow sind Goldgewinnerin Marina Anissina und ihre Mutter in Verdacht der Mitwisserschaft geraten. Laut FBI hat der Russe vor der Entscheidung der Mutter telefonisch versichert, auch ein Sturz könne ihre Tochter nicht am Olympiasieg hindern. Anissina soll hinterher in dem Telefongespräch mit Tochtachunow gesagt haben, sie hätte auch ohne das Votum des russischen Kampfrichters gewonnen. Nach Moskauer Presseberichten ist Anissina mit dem Mafia-Boss gut bekannt. Das gilt auch für russische Tennisstars wie Jewgeni Kafelnikow, der Tochtachunow „meinen Freund“ nennt.

Anissina hat die gegen sie erhobenen Betrugsvorwürfe inzwischen zurückgewiesen. „Wir haben niemanden gebraucht, um in Salt Lake City zu gewinnen“, sagte sie in einer am Freitag in Paris veröffentlichten Stellungnahme. Die Anschuldigungen seien „verleumderisch, verletzend, entehrend und ungerecht“, ließ Anissina mitteilen. Sie wolle gegen die „Diffamierungen“ juristisch vorgehen und Schadenersatz verlangen.

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