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Sport: Orientalisches Märchen mit bösem Ende

Die Einbürgerung von Sportlern in arabischen Ländern bringt viele Probleme mit sich – wie jetzt beim gebürtigen Kenianer Jawher

Berlin - Als Mushir Salem Jawher vor drei Jahren Staatsbürger von Bahrain wurde, sollte er ein sportlicher Botschafter des Landes werden. Der gebürtige Kenianer ist ein aussichtsreicher Mittel- und Langstreckenläufer. Doch jetzt bringt er Bahrain mit einem sportlichen Skandal in Verbindung. Jawher siegte beim Tiberias-Marathon um den See Genezareth. Israel ist jedoch Feindesland, und wer nach Israel einreist, verstößt gegen die Gesetze Bahrains. Jawher soll daher die Staatsbürgerschaft Bahrains entzogen werden.

Mit der Einbürgerung von erfolgreichen Athleten und der Ausrichtung von Großveranstaltungen hat sich die arabische Welt selbst auf die sportliche Landkarte gesetzt. Nun zeigt der Fall von Mushir Salem Jawher, dass der Aufstieg von Ländern wie Bahrain und Katar durchaus nicht nur ein hübsches orientalisches Märchen ist. Er ist mit vielen Problemen behaftet, sportlichen wie politischen.

In der Leichtathletik eröffnete Stephen Cherono das große Wechselspiel. Der Kenianer nahm 2003 ein Angebot aus Katar an und wurde unter dem Namen Saif Saaeed Shaheen schon zweimal Weltmeister im 3000-Meter-Hindernislauf. Die Kataris hatten ihm angeblich eine monatliche Rente von 1000 Dollar versprochen. Für Bahrain holte der gebürtige Marokkaner Rashid Ramzi 2005 in Helsinki die erste WM-Medaille. Er gewann das Finale über 1500 Meter. Ihrem Beispiel sind inzwischen viele Athleten aus Afrika gefolgt, vor allem Läufer aus Kenia, Äthiopien und Marokko.

Das passt nicht nur den afrikanischen Verbänden nicht, zumal die Läufer meistens weiterhin in ihren Heimatländern trainieren. Auch der Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF) beobachtet die Umbürgerungswelle argwöhnisch. „Diese Wechsel der Staatsangehörigkeit sind nicht im Interesse des Sports“, sagt Helmut Digel, der Vizepräsident der IAAF. „Wir wollen Sperren haben, die in diesen Fällen abschreckend wirken“, sagt Digel. Inzwischen müssen Athleten drei statt bisher zwei Jahre warten, bis sie für ihr neues Land starten dürfen. Das Problem ist damit jedoch nicht gelöst, denn gerade in der Leichtathletik wird das Geld nicht in erster Linie bei offiziellen Meisterschaften verdient, sondern bei Meetings und Straßenläufen. Unter welcher Flagge die Athleten dort antreten, ist den Veranstaltern meistens egal. Es zählt der Name, nicht die Nation.

So ist auch Mushir Salem Jawher schon kurz nach seinem Wechsel für Bahrain gestartet, 2004 gewann er etwa den Silvesterlauf in Trier. Schon damals sprach er offen über seinen Wechsel. Es sei ein guter Deal gewesen, schließlich gebe es einfach zu viele Kenianer im Wettbewerb. „Deshalb ist es schwer, in große Rennen zu kommen. Die wollen nur fünf oder sechs Kenianer. Aber als Bahraini kann ich mitlaufen“, sagte er. Bei großen Meisterschaften werden sogar nur die drei besten Kenianer nominiert.

Auf was er sich bei seinem Start in Israel einließ, ahnte er wohl nicht. Mit seinem kenianischen Pass war er eingereist und stellte auf einmal verwundert fest, dass er der erste Teilnehmer dort aus einem arabischen Land war. „Diesen jungen Menschen ist doch gar nicht bewusst, auf was sie sich mit ihrem Wechsel einlassen“, sagt Digel und fordert von Staaten wie Bahrain und Katar: „Wenn sie Athleten einbürgern, dann müssen sie ihnen auch die größtmöglichen Freiheiten lassen.“

Mit arabischen Staaten hat die IAAF schon einmal Schwierigkeiten gehabt, als sich herausstellte, dass Starter aus solchen Ländern bei Juniorenwettkämpfen in ihren Pässen jünger waren, als sie eigentlich sind. „Auf dieses Handeln autonomer Staaten haben Sportorganisationen nur begrenzt Einfluss“, sagt Digel.

Der bahrainische Verband will nun Jawhers Fall noch mal prüfen. „Es ist möglich, dass wir uns das noch einmal anschauen, wenn er sich entschuldigt. Aber in einem Land zu laufen, das wir boykottieren, ist absolut verboten“, sagte ein Verbandsfunktionär. Die schöne Geschichte in israelischen Tageszeitungen ist aber auf jeden Fall zerstört. Sie hatten schon Jawhers Teilnahme am See Genezareth als Sieg der Völkerverständigung gefeiert.

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