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Sport: Otto Rehhagels heile Welt am Betzenberg droht Schaden zu nehmen

Viele fühlten sich diese Woche in die Anfangszeit von Otto Rehhagel in Kaiserslautern zurück versetzt. Darüber schien vor allem der Trainer erfreut.

Viele fühlten sich diese Woche in die Anfangszeit von Otto Rehhagel in Kaiserslautern zurück versetzt. Darüber schien vor allem der Trainer erfreut. Er konnte wieder in seine Lieblingsrolle schlüpfen und seine Geschichten von den tapferen Fußballarbeitern aus der Pfalz erzählen. Die immer bereit sind zum Kampf gegen die Großen der Fußball-Welt. So schwirrte mal wieder der Begriff vom Wunder durch das Fritz-Walter-Stadion.

Nur über das öffentliche Echo auf seine Äußerungen ist der Meistertrainer vergangener Tage diesmal nicht erfreut. Kaum einer stimmt noch ein in den Jubelchor der Führungsriege. Und was noch schlimmer ist: Die Harmonie innerhalb der Mannschaft scheint verlustig gegangen zu sein. Aus dem verschworenen Haufen, ist ein Zweckgemeinschaft geworden, die geringste Erschütterungen fürchten muss.

Selten begleiteten den 1. FC Kaiserslautern in der Vorbereitung auf eine neue Bundesligasaison so viele Fragezeichen und Zweifel. Und so hatte Otto Rehhagel bei der Jahrespressekonferenz alle Mühe, kritische Fragen zu kontern. Die nach der Grüppchenbildung reichte er an den verdutzten Martin Wagner weiter. "Herr Wagner, gibt es so etwas bei uns?" Der arme Kerl schüttelte überrumpelt den Kopf und sagte: "Nein." Rehhagel nickte zufrieden, obwohl auch er die Realitäten kennt. Lange werden die betriebsinternen Kritiker wie Ciriaco Sforza und Andy Buck nicht stillhalten, wenn der Auftakt am 14. August gegen Borussia Dortmund in die Hose geht. Beide wollten wechseln, beide mussten bleiben. Immerhin erkannte man, ohne Sforza kommt der FCK nicht aus. Der aber wird kaum noch einmal monatelang mit Spritzen spielen, weil der Kader zu dünn besetzt ist. Und seinen Wunsch, zumindest die Millionen des Ballack-Transfers in neue Spieler zu investieren, wollte der Vorstandsvorsitzende Jürgen Friedrich nicht erfüllen. "Geld schießt keine Tore", ließ Rehhagel lapidar mitteilen.

Sforza sieht das anders. Für den Schweizer sind die ablösefreien Einkäufe Komljenovic, Strasser, Tare, Sobotzik und Pettersson (vier Millionen Mark) nur Schnäppchen vom Wühltisch. Er stuft den Altersdurchschnitt des Kaders als zu hohes Risiko ein.

Im Team hat Rehhagel tiefe Einbußen hinnehmen müssen. Buck und Co. verzeihen ihm nicht, dass er an den schwachen Ägyptern Samir und Ramzy festhielt und das flatterhafte Jungtalent Marco Reich protegierte. Die Klienten seines Freundes und Spielervermittlers Wolfgang Vöge - nur auf den verlässt sich Rehhagel - durften immer wieder spielen. Selbst nach groben Patzern. Die Erwartungen der Anhänger aber sind gestiegen. Nach Meistertitel und Champions League sahen viele das Märchen aus der Pfalz zum Evergreen aufsteigen. Nun ist vielen die Einkaufspolitik Rehhagels ein Rätsel. Das zweite Jahr glaubt der ohne namhafte Profis auszukommen. Der Goethe-Freund erklärt die schlechte Stimmung im Umfeld mit philosophisch-verklausulierten Statements: "Es gibt Menschen, die Brücken bauen, und solche die Brücken zerstören."

Dazu gehört das Pfälzer Fußballidol Andreas Brehme. Der prophezeit nicht nur personelle Probleme, sondern vor allem "schwere Zeiten". Die könnten auch dem Trainer den Spaß verderben. Ein paar sehen in der Flucht in verstaubte Floskeln erste Rückzugsgefechte. Wenn es nicht läuft, meinen sie, könnte Rehhagel spätestens am Saisonende den Rückzug antreten. Sein Vertrag läuft ohnehin aus. Und mit ihm könnte auch der einzige Fußballfachmann in der Pfälzer Führungsriege - "Atze" Friedrich - gehen. Als es dem das letzte Mal zu viel wurde, wie nach seiner ersten Präsidentschaft, zog sich Friedrich zum Töpfern in die Toskana zurück. Und dann stünden die überforderten Kollegen ohne fachlich kompetenten Beistand im tosenden Wind der Bundesliga.

Vorerst aber kämpfen sie gemeinsam gegen das Heer der Nörgler, von dem sie sich umzingelt fühlen. "Alle fünf Neuen sind Nationalspieler. Ich verstehe das wirklich nicht", sagt Friedrich. Gelassen aber sind sie am Betzenberg nur vordergründig. Hinter den Kulissen wurde schon manch böser Brief an Kritiker verfasst.

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