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Paralympics als Trend: Mit Herz und Geld

Für Prominente und Konzerne sind die Paralympics in Peking eine gute Gelegenheit, für ihre Stiftungen und Marken zu werben.

Prinz Edward schlägt sich auf der Ehrentribüne im Tennisstadion in Peking anerkennend auf den Oberschenkel. „Ich spiele ja das ursprüngliche Tennis“, sagt der Bruder von Prinz Charles in braunblauer Freizeitkluft dem Tagesspiegel in einer Spielpause, „aber das hier ist wirklich toller Sport.“ Esther Vergeer, seit 350 Matches und neun Jahren auf dem Court unbesiegte Nummer Eins der Weltrangliste im Rollstuhltennis, holt unten auf dem Platz die Goldmedaille im Finalmatch gegen ihre niederländische Landsfrau Korie Homan. „Der Sport hier scheint mir wirklich eine neue Mode zu werden“, sagt Prinz Edward und wiegt seine Baseball-Kappe in seiner Hand.

Zahlreiche Prominente traten bei den Paralympics in Peking auf. Sie taten das aus Interesse am Leistungssport von Menschen mit Behinderungen, viele sonnen sich mittlerweile aber auch im Ruhm dieser Sportler. Für viele Prominente sind die Paralympics eine gute Bühne, um für ihre Charity-Aktivitäten und Geldsammlungen zu werben. Der Behindertensport hat sich von der Rand- zur Trendsportart gewandelt. Die Herzen gehen auf, die Emotionen wiegen hoch. Dass das auch positiv aufs Image von Weltkonzernen abfärbt, nutzen Sponsoren wie Telekom, Allianz, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung und Samsung. Ihre Konzernchefs nutzen die neuen Helden jetzt als Stars für ihre Imagekampagnen.

Zahlreiche Prominente in Peking dabei

Die Stars der höchst erfolgreichen chinesischen Paralympics-Nationalmannschaft prangen landesweit in den großen Städten wie der 18-Millionen-Metropole Peking und der Skyscraper-Stadt Schanghai auf Plakaten. „Wir sind bei diesen Paralympics erstmals offizieller Lizenznehmer nicht nur für die Olympischen, sondern auch für auch die Paralympischen Spiele“, sagt Pressesprecherin Katja Schreiber von Adidas China in deren Headstore an der Straße Bongti Beilu. In der Zone gleich hinterm Eingang nehmen die Kunden diverse Paralympics-Shirts vom Bügel. Das schwarze T-Shirt mit den Piktogrammen der Sportarten und den drei Logostreifen in Bronze, Silber und Gold geht gut. Umgerechnet 19 Euro 80 kostet es, viel für Chinesen. „Die Chinesen sind extrem markenbewusst“, weiß Schreiber. Jetzt ist auch Behindertensport eine Marke: Die Merchandising-Produkte werden in den bald 5000 Adidas-Shops in ganz China angeboten. Die Marke sei untrennbar mit Olympia verbunden, sagt Schreiber. Nun kommt auch Paralympia dazu. Die deutsche Nationalmannschaft läuft mit Adidas-Anzügen zur Abschiedsfeier ein, auch einzelne internationale Sportverbände und Athleten werden ausgerüstet. „Unsere Paralympics-Produkte sind sehr populär, der Abverkauf läuft sehr gut“, sagt Schreiber. 4000 Sportler, ihre Trainer und Betreuer werden die Werbebotschaft nach den Spielen in über 150 Länder tragen. Und 6300 Journalisten und Techniker – über 2000 mehr als vor vier Jahren – geben diese Impressionen der behinderten Leistungs- und Werbeträger weiter. Allein 80 Millionen Menschen mit Behinderungen gibt es in China, eine gigantisch große potenzielle Zielgruppe.

Allianz, Deutsche Telekom und Medizintechnik-Riese Otto Bock haben die Emotionen, die Passion der HandicapAthleten schön früh als Marketingfaktor erkannt. So schüttelten etwa TelekomChef Karl-Gerhard Eick, der AllianzDeutschland-Chef Gerhard Rupprecht und Otto-Bock-Chef Hans Georg Näder auf den offiziellen Empfängen in Peking zahlreichen chinesischen Politikern aber auch Bundespräsident Horst Köhler die Hand. Auch Katharina Witt, Ex-Olympionikin, war in eigener Sache bei den Paralympics in Peking. Sie nutzt die wachsende Popularität von Handicap-Olympia für ihre Stiftung, die in Kooperation mit der Otto-Bock-Stiftung unter anderem Erdbebenopfern in China hilft. Witt traf die Kinder gleich nach der Eröffnungsfeier. „Ich hatte so viel Glück im Leben. Mir geht es auch darum, jetzt ein Stück an andere weiterzugeben“, sagt die doppelte Olympiasiegerin.

Die Kameraobjektive der Pressefotografen und Filmleute richteten sich derweil auch auf andere bekannte Gesichter bei den Spielen – die noch nie so ausführlich übertragen wurden. Auf den riesigen Open-Air-TV-Bildschirmen an futuristischen Neubauten am Vogelnest waren in den Übertragungen etwa Wohltäterinnen wie Prinzessin Elena von Spanien, Prinzessin Margriet von den Niederlanden und Kronprinzessin Victoria von Schweden zu sehen, wie sie alle Medaillengewinner ehrten. Auch Kronprinzessin Victoria ist Botschafterin einer Behindertenstiftung. Einige der Adligen und Mitglieder von Königshäusern besuchten die Spiele schon häufiger. Wie Prince Edward. „Wann waren Sie das erste Mal mit dabei? „Meine ersten Spiele waren Barcelona 1992.“ Seitdem machen es Nationen dem Vereinigten Königreich zunehmend nach, und lassen Athleten mit und ohne Handicap gemeinsam trainieren.

Annette Kögel[Peking]

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