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Sport: Paten am Ball

Dortmund hofft auf Lokomotive – derweil wird die russische Fußball-Liga von Oligarchen neu aufgeteilt

Moskau. Auf Lokomotive Moskau richten sich am Dienstag alle Augen der Fans von Borussia Dortmund: Können die kickenden Eisenbahner im heimischen Stadion nach dem Unentschieden von Madrid einen Sieg erzielen? Für die Moskauer eine Ehrensache, auch wenn sie keine Chance mehr auf das Weiterkommen haben. Dafür wird die russische Liga immer spannender – die Dollar-Millionen von Ölkonzernen und Oligarchen machen den Spielern Beine. In der russischen Fußball-Liga regiert sehr viel Geld.

Deshalb könnte die Zeit des russischen Vielfachmeisters Spartak Moskau endgültig abgelaufen sein. Schon im Vorjahr musste Spartak gegen ZSKA Moskau wegen Punktgleichstandes in das so genannte „Golden Match“, das Lokomotive erstmals für sich entschied. Ob Spartak den Thron zurückerobern kann, hängt vom Geld ab. „Ich kann das nicht dementieren, das ist ja heute Realität“, sagt Wjatscheslaw Koloskow, Präsident der Russischen Fußball-Union, zu anhaltenden Gerüchten, viele Spiele seien gekauft, Schiedsrichter seien in einigen Spielen zu reichen Männern geworden und nicht jeder Spieler habe nur vom eigenen Klub kassiert. „Gegen ’vereinbarte’ Spiele zu kämpfen, ist im russischen Fußball eine sinnlose Aufgabe“, kommentierte das Blatt „Wersija“.

Der derzeit reichste russische Fußballverein ist nach Ansicht der Zeitung „Gaseta“ der Armee-Klub ZSKA mit einem Jahresbudget von 30 Millionen Dollar, gefolgt von Dynamo Moskau, das über 22 Millionen Dollar verfügen soll und vom Ölkonzern Yukos gesponsert wird. Danach kommen Lokomotive mit 20 Millionen und der gefallene Meister Spartak mit 18 Millionen Dollar.

Vizemeister ZSKA, der sich für 4,2 Millionen Euro mit dem tschechischen Nationalspieler Jiri Jarosik von Sparta Prag verstärkt hat, könnte laut der Korruptionstheorie in diesem Jahr den Sieg davontragen. Denn Russlands einflussreichster Oligarch, der Großunternehmer und Gouverneur der Fernost-Provinz Tschukotka, Roman Abramowitsch, will sich bei dem Klub einkaufen, der von Nationaltrainer Walerij Gassajew mittrainiert wird. Bislang gehören ihm schon 49 Prozent des Zentralen Sportklubs der Armee, und er hält eine Option auf weitere 25,8 Prozent einer dubiosen britisch-holländischen Investorengruppe, hinter der bereits jetzt Abramowitschs Firmen vermutet werden. Zuvor war ZSKA in Händen von Tschetschenen – während die Armee in der Kaukasusrepublik Krieg führte.

Lokomotive, letzter Strohhalm für Borussia Dortmund, ist hingegen auf die Gelder aus dem internationalen Wettbewerb angewiesen und steht ansonsten in Diensten des Moskauer Eisenbahnministeriums. Um den Titel zu verteidigen, griffen die Lokführer tief in die Tasche und kauften Nationalstürmer Winston Parks aus Costa Rica. Überhaupt zieht es immer mehr Ausländer in die russische Liga, seit sich herumgesprochen hat, dass üppiges Handgeld an der Steuer vorbei gezahlt wird.

Wegen diverser Südamerikaner rechnen Experten sogar damit, dass der Moskauer Vorortklub Saturn Ren-TV eine Meisterchance haben könnte. Der Verein trägt auch den Namen des Fernsehsenders, der mit drei anderen Spiele der Liga überträgt. Der deutsche Joghurt-Hersteller Ehrmann, Förderer von Saturn Ren-TV, hat es hingegen nicht geschafft, den Namen der Klubs zu kaufen: Noch heißt der Rekordmeister Spartak und nicht Lukoil nach dem Trikotsponsor und größten Erdölkonzern des Landes.

Was den Weg russischer Talente in den Westen angeht, passiert indes nicht mehr sehr viel: Torhüter Ruslan Nigmatullin scheiterte im italienischen Verona. Stürmertalent Dmitrij Sytschow provozierte zunächst im heimischen Stadion mit der T-Shirt-Aufschrift „Bin ich ein Stück Fleisch?“ unter dem rot-weißen Spartak-Trikot. Danach wechselte er zu Olympique Marseille. Aber dort sitzt der bei der Fußball-WM 2002 beste russische Angreifer auf der Bank, und auch für die Nationalmannschaft wurde er nicht mehr nominiert. Seit dem spektakulären Auftritt von Sytschow vor den eigenen Fans geht es auch mit Spartak, das den 19-Jährigen dennoch mit aller Macht halten wollte, bergab: Zum Saisonauftakt spielte man gegen Aufsteiger Torpedo Metallurg nur 0:0.

Mathias Brüggemann

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