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Sport: Patrioten gesucht

Die Probleme des Handball-Klubs SG Wallau-Massenheim

Von Klaus Rocca

Berlin. In der Nacht zum Dienstag griff Bülent Aksen zum Kugelschreiber und setzte seine Unterschrift unter den Vertrag. Noch weiß er nicht so recht, worauf er sich da eingelassen hat. Er ist nun Geschäftsführer und Manager eines Vereins, der 1974 gegründet wurde und von dem man nicht so genau weiß, ob er noch lange existiert. Gewiss, die SG Wallau-Massenheim hat erst mal den drohenden Konkurs abgewendet und will die am 6. September beginnende Saison der Handball-Bundesliga angehen. Doch noch hängen dunkle Wolken über dem Klub, der 1992 und 1993 noch stolzer Deutscher Meister, 1992 auch IHF-Pokalsieger geworden war. „Jetzt brauchen wir Patrioten“, sagt Aksen, der die großen Worte liebt.

Die Patrioten wird Aksen, gebürtiger Türke mit deutschem Studiumabschluss der Sozialpädagogik, vor allem in der Wirtschaft suchen. „Es ist doch ein Skandal, dass wir hier im Umkreis der Wirtschaftsmetropole Frankfurt nicht die nötige Unterstützung bekommen“, klagt er. Die bekommt der Verein allerdings auch nicht durch die Handball-Anhänger. Gerade mal 1700 Zuschauer im Schnitt hatte die SG in der vergangenen Saison, obwohl die Ballsporthalle Frankfurt 5000 Plätze hat. Und wer seinen Etat zu rund 45 Prozent vom Eintrittsgeld abhängig macht, der muss zwangsläufig in Schwierigkeiten geraten. Zum Vergleich: Der VfL Gummersbach geht in die riesige Kölnarena und nimmt dort so viel ein wie zuvor in zehn Jahren zusammen nicht.

Mit einem Gewaltakt hat die SG Wallau-Massenheim, deren Etat für die neue Saison ein Minus von 480 000 Euro aufwies, den Gang zum Konkursrichter erst einmal abgewendet. Die Gesellschafter legten drauf, die Spieler verzichteten auf einen nicht näher bezifferten Teil ihrer Gehälter, und der 2,25-Millionen-Etat wurde unter zwei Millionen gedrückt. „Alle haben extreme Klimmzüge gemacht“, sagt Aksen.

Der neue Geschäftsführer, früher Bundesligaspieler beim OSC Rheinhausen, später Profi im österreichischen Bregenz und vor zwei Jahren noch Koordinator für Fan-Angelegenheiten beim Fußball-Bundesligisten MSV Duisburg, weist den Vergleich mit der ebenfalls in argen Finanznöten steckenden HSG Nordhorn entschieden zurück: „Da waren die Schwierigkeiten doch programmiert. Die HSG hat einen ausländischen Star nach dem anderen eingekauft. Wir sind dagegen der deutscheste aller deutschen Klubs.“ Obwohl im Team, das vom 194-maligen Nationalspieler Martin Schwalb trainiert wird, mit Lawrow (Russland), Djordjic (Jugoslawien), Olalla (Spanien) und Jönsson (Island) immerhin vier Ausländer im Sold stehen.

Bleibt die Frage, warum die SG Wallau in so großen Finanznöten steckt. „Ich weiß warum, will aber keine schmutzige Wäsche waschen. Entscheidend ist, dass der Dreck jetzt erst mal vor die Tür gekehrt wurde“, sagt Bülent Aksen. Dass sein Vorgänger als Manager keine glückliche Hand hatte, sagt er nicht. Der heißt Stephan Schoene und hat zahlreiche Länderspiele bestritten.

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