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Sport: Pekings Hoffnung

Mit Shuai Peng soll Chinas Tennisboom weitergehen

Berlin - Die Werbebroschüre ist klein, aber sichtbar genug. Sie steht auf einem Tisch, an dem die Spielerinnen bei den German Open vorbei zu den Pressekonferenzen gehen. Dass sie den kleinen knuffigen Eisbären auf der Titelseite kennen, das darf man inzwischen wohl erwarten, auch wenn man aus Hunan, aus dem Süden Chinas kommt, oder? Aber Shuai Peng fragt nur: „Wer ist Knut?“ Seltsam, immerhin war die Möglichkeit, ihre Freundinnen mit Andenken aus aller Welt zu beliefern, einer der Gründe, aus denen Shuai Peng Profi-Tennisspielerin wurde. Gestern besiegte sie in der zweiten Runde der German Open die Tschechin Zuzana Ondraskova 7:5, 6:1.

2006 kassierte sie 209 096 Dollar Preisgeld, sie steht auf Rang 40 der Weltrangliste und warf in der ersten Runde der German Open in Berlin die Deutsche Andrea Petkovic aus dem Turnier. Sie ist einer der Tennisstars in China. Und selbstverständlich Teil, besser gesagt ein Produkt des chinesischen Erfolgsprogramms im Tennis. Systematisch werden seit einigen Jahren chinesische Talente zu Weltklassespielerinnen aufgebaut. Der Tennis-Weltverband ITF tat mit, es handelt sich um eine Art sportliche Entwicklungshilfe. Fast 80 Millionen US-Dollar hat die ITF nach Angaben des Fachblatts „tennis magazin“ in chinesische Förderprogramme gesteckt, 400 Trainer wurden mit ITF-Hilfe ausgebildet. Diverse Talente durften zudem im Ausland lernen. Shuai Peng meldete sich im Juni 2002 in den USA für ein Jahr bei einer Tennisschule an, die vom früheren Weltstar Chris Evert geleitet wird. Sie lebte und trainierte zeitweise in Delray Beach in Florida.

„Tennis boomt unheimlich in China“, sagt die 21-Jährige. Auch Na Li aus Wuhan, aktuell die Nummer 17 der Weltrangliste, erklärt: „Dieser Sport wird von immer mehr Menschen gespielt, und Frauentennis wird immer beliebter.“ In China sind mehr als eine Million Tennisspieler registriert, rund 10 000 Plätze gibt es im Land. Vor allem bei Frauen ist Tennis beliebt, weil man sich nicht so schnell verletzt wie beim Basketball oder Fußball. Tennis gehört nicht mehr zu den Sportarten der Reichen, auch die Mittelklasse kann sich den Sport inzwischen leisten. Allerdings kommen viele Spielerinnen doch aus gehobenen Schichten – wie Jie Zheng, Fedcupspielerin und Nummer 32 der Welt. Gestern unterlag sie allerdings in der ersten Runde der Italienerin Maria Elena Camerin 6:3, 3:6, 4:6.

Der Olympiasieg des Frauen-Doppels Li Ting und Sun Tiantian in Athen heizte den Boom noch an. Der Sport-Fernsehkanal CCTV 5 überträgt die Grand Slams in aller Ausführlichkeit, Tennisspielerinnen sind gefragte Interviewpartner. Jede der 31 Provinzen in China hat sein eigenes Tennisteam, in vielen Provinzen gibt es mehrere Trainingszentren, und die „All China Games“ sind für Chinas Topspielerinnen wichtiger als Wimbledon.

Natürlich gibt es ein Spezialprojekt „Peking 2008“, die Olympischen Spiele im eigenen Land. Eine Sache des Prestiges. Shuai Peng musste beim chinesischen Tennisverband sogar eine Verpflichtung unterschreiben, in der sie zusicherte, in Peking die Goldmedaille zu gewinnen. Ein absurder Druck, aber auch eine Reaktion des chinesischen Verbands auf Pengs Forderungen. Die wollte unabhängiger von ihrem Verband werden und sich eigenständig entwickeln. Den Weg in diese Unabhängigkeit sollte aber der Verband finanzieren. Üblicherweise dürfen Spielerinnen nur ein Drittel ihres Preisgeldes behalten. Der Rest geht ans Sportministerium oder an die jeweilige Provinz. Ob sich Peng mit dem Verband geeinigt hat, ist unklar.

Gesprächiger wird sie, wenn es um Souvenirs geht: „Ich werde in Berlin noch nach Andenken suchen.“ Vielleicht kann sie ja jemand noch in den Zoo zum Eisbärengehege mitnehmen – und in den Shop mit den Knut-Souvenirs.

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