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London calling! Bianca Schmidt ist, wo Schalke gern gewesen wäre. Foto: dpa

© picture alliance / ZB

Sport: Pendeln zwischen den Welten

Turbine-Frauen im Stress mit Klub und Nationalelf

Die zwei Welten des deutschen Frauenfußballs lagen nicht einmal 100 Meter Luftlinie auseinander, trotzdem hätten sie kaum weiter voneinander entfernt sein können. Im Stadion von Ingolstadt wärmten sich die fünf Nationalspielerinnen von Turbine Potsdam gerade für das Länderspiel gegen Nordkorea auf, draußen auf einem Seitenplatz mühten sich ihre Team-Kolleginnen im Finale des Bundesliga-Cups gegen Bayern München ab.

Ein paar hundert Zuschauer verfolgten am Sonntag das bedeutungslose Spiel, das Turbine auch noch 1:2 verlor. Die Partie der Nationalmannschaft hingegen wurde live im Fernsehen übertragen und stellte die letzte Chance für die deutschen Spielerinnen dar, sich bei Bundestrainerin Silvia Neid für den endgültigen WM-Kader zu bewerben.

Potsdams Trainer Bernd Schröder muss nun die Welten zusammenbringen: Wenn Titelverteidiger Turbine heute in London im Finale der Champions League gegen Olympique Lyon (21 Uhr, live im ZDF) antritt, sind die Potsdamer Nationalspielerinnen wieder mit ihrem Team vereint. Ob sie nach der langen Trennung durch die WM-Vorbereitung auch noch harmonieren, ist eine andere Frage.

„Vorher habe ich gedacht, so schwierig kann es gar nicht sein“, sagt Turbines Außenverteidigerin Bianca Schmidt. „Aber jetzt waren wir fast sechs Wochen bei der Nationalmannschaft und konnten nicht mit dem Verein trainieren, das ist schon sehr komisch.“ Die 21-Jährige hatte vor einem Jahr gegen Lyon den entscheidenden Strafstoß zum 7:6 nach Elfmeterschießen verwandelt, vor der Neuauflage des Endspiels hat sie mit den körperlichen und mentalen Anstrengungen der vergangenen Wochen zu kämpfen. „Man muss die WM jetzt eben für ein paar Tage abschalten und sich auf den Verein konzentrieren“, sagt Schmidt. „Man merkt schon, dass man vom Kopf her ein bisschen langsamer ist.“

Neid trichterte ihren Spielerinnen zuletzt viele taktische Feinheiten ein, die müssen Bianca Schmidt und ihre Potsdamer Nationalmannschafts-Kolleginnen Anja Mittag, Fatmire Bajramaj, Josephine Henning und Babett Peter nun ausblenden. Die DFB-Auswahl spielt beispielsweise in der Abwehr mit einer Viererkette, an der Neid mit der Mannschaft zuletzte tagelang feilte, Bernd Schröder setzt auf eine Dreierkette. „Ich spiele seit fünf Jahren in Potsdam, das ist nicht alles weg, nur weil ich fünf Wochen nicht da war“, sagt Bianca Schmidt. „Wenn der Kopf mitmacht, ist es nicht schwierig.“

Auch Yuki Nagasato stand Schröder zuletzt nicht zur Verfügung, Turbines Japanerin war mit ihrem Nationalteam unterwegs. Somit fehlten dem Trainer seine kompletten Dreierreihen in Offensive und Defensive. Die deutschen Nationalspielerinnen kehrten zwischen den DFB-Lehrgängen zwar immer wieder nach Potsdam zurück, absolvierten dann aber nur ein individuelles Programm.

Lyon dürfte besser eingespielt sein: In Frankreich lief die Saison bis 15. Mai, am letzten Spieltag besiegte Olympique den Tabellenfünften St. Etienne 8:0, insgesamt gewann der Meister mit einem Torverhältnis von 101:5 alle seine Saisonspiele. Am vergangenen Wochenende absolvierte auch Frankreichs Nationalteam sein erstes WM-Testspiel; mit neun Olympique-Spielerinnen im Kader gab es ein 1:1 gegen Schottland.

Ehe Turbine vor einem Jahr den ersten Champions-League-Titel der Vereinsgeschichte gewann, hatten die Potsdamerinnen 120 hart umkämpfte Minuten sowie ein dramatisches Elfmeterschießen überstehen müssen. „Es war ein sehr strapazierendes Spiel“, sagt Bianca Schmidt. „Ich hoffe, dass es nicht noch einmal so krass wird.“ Denn am Freitag wartet gleich die nächste Nervenprobe: Dann muss sie vor dem Anruf von Silvia Neid zittern, der sie noch aus dem zu reduzierenden WM-Aufgebot befördern könnte.

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