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Sport: Petric bändigt St. Pauli

Ganz am Ende trifft der HSV-Stürmer zum 1:1-Ausgleich im Hamburger Stadtderby

Es hätte ein Schuss für die Ewigkeit und die Vereinschroniken sein können. Als Fabian Boll in der 77. Minute von der Strafraumgrenze abzog und der Ball ins lange Eck des HSV-Tores flog, war der Jubel am Millerntor riesig. St. Paulis Mittelfeldspieler Boll rannte zum Spielertunnel, auf der Bank des Aufsteigers hielt es keinen mehr, alle liefen auf den Torschützen zu: ein Haufen glücklicher Kiezkicker lag da übereinander, so nah dran, den großen Stadtrivalen zu besiegen, zum ersten Mal seit 1977.

Der Hamburger SV hatte bis dahin enttäuscht, schien verblüfft, wie klug und linientreu der FC St. Pauli dieses emotional aufgeladene Derby herunterspielte. Bolls Treffer wäre der Gipfel der Glückseligkeit gewesen. Wäre. Als der starke Carlos Zambrano in der Innenverteidigung des FC seinen ersten und einzigen Fehler beging und eine Situation nicht brachial, sondern wie zuvor auch spielerisch lösen wollte, fiel der Ball Mladen Petric vor die Füße. Als wolle er seinen ganzen Frust über das Leben als Reservist in diesen einen Schuss legen, drosch der Kroate den Ball ins Tor des FC St. Pauli. In der 88. Minute hatte das Bundesliga-Stadtderby am Millerntor sein Endergebnis gefunden.

Den Aufsteiger St. Pauli frustrierte es. „Wir waren kurz davor, machen dann einen Fehler. Das ist bitter. Den Ball muss man besser klären“, sagte der Trainer des Aufsteigers, Holger Stanislawski. „Wir haben heute gut gegen den Ball gespielt, aber unser Offensivspiel hat stark zu wünschen übrig gelassen.“

Stanislawskis Hamburger Pendant Armin Veh war zumindest zufrieden mit dem Ergebnis, weniger aber mit dem Spiel: „Es war nicht gerade berauschend, was wir nach vorne gezeigt haben. Gefallen hat mir, dass wir wieder nach einem Rückstand zurück ins Spiel gefunden haben.“ Der HSV marschierte in der vergangenen Saison noch ins Halbfinale der Europa League, eine Zeit, in der St. Pauli noch in der Zweiten Liga kämpfte. Insofern ist auch das Ergebnis mit etwas Abstand betrachtet sicher ein Erfolg für St. Pauli, die Leistung ist es erst recht. Man muss dem Aufsteiger vom Millerntor auf jeden Fall ein Lob aussprechen für die Leistung am Sonntagnachmittag – ein Unterschied zwischen dem großen und dem kleineren Hamburger Verein war vor 24 000 Zuschauern am selbstverständlich ausverkauften Millerntor nicht zu sehen. Großer Fußball aber leider auch nicht: der HSV kam mit seinem Spiel nie durch, weil St. Pauli stets konzentriert blieb, und die HSV-Offensive nicht zur Entfaltung kommen ließ. Als Bonbon für die Anhänger des FC wurde Mitte der zweiten Halbzeit Gerald Asamoah eingewechselt. Nach seiner Oberschenkelverletzung war es der erste Einsatz des ehemaligen Nationalspielers in Braun und Weiß. Und mit Asamoah kam neuer Schwung, neue Aggressivität ins Spiel des FC.

Mit Spannung war auch das Duell der Fans erwartet worden. Es ging Unentschieden aus. Aus dem Block der 2100 HSV-Fans stieg kurz vor dem Anpfiff blauer Nebel auf – zwar in den Vereinsfarben, aber trotzdem verboten. Die Anhänger des FC begrüßten den Gegner aus dem Stadtteil Stellingen mit Fäkalsprache und in der Hölle: „Welcome to the hell of St. Pauli.“

Im Spiel war es für HSV-Torwart Frank Rost lange Zeit die schwierigste Aufgabe, sein Tor von Papierschlangen freizuräumen. Bälle abwehren musste der Routinier in seinem 400. Bundesligaspiel nicht. Armin Veh sah sich die Einfallslosigkeit seines Teams 63 Minuten lang an, dann brachte er Petric für Guerrero als Mann im Zentrum der offensiven Dreierkette. Aber dem HSV-Spiel fehlte weiterhin die Präzision, und St. Pauli blieb konzentriert im Bemühen, bloß keinen Fehler zu machen. Erst in den letzten 15 Minuten bekam das Spiel die Würze, die man sich schon lange vorher erhofft hatte.

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