Lasogga, Ramos und Schieber: Kettenreaktion im Sturm - was hat's gebracht?
Pierre-Michel Lasogga stürmte einst für Hertha BSC, am Samstag ist er als Gegner zu Gast - Resultat des großen Bundesliga-Stürmertauschs in der Sommerpause. Doch was hat's den Angreifern gebracht? Eine Zwischenbilanz nach acht Spieltagen.
Mit der Verpflichtung von Robert Lewandowski hat der FC Bayern München im Sommer eine Kettenreaktion in der Bundesliga ausgelöst, die einer ganzen Reihe prominenter Bundesliga-Stürmer einen Vereinswechsel einbrachte. Am Ende der Transferperiode waren vier Klubs und fünf Angreifer an diesem Prozess beteiligt, neben dem FC Bayern München und Borussia Dortmund auch Hertha BSC und der Hamburger SV. Vor dem direkten Duell zwischen Hertha BSC und dem Hamburger SV am Samstag (15.30 Uhr, Olympiastadion) geben wir einen Überblick, wie sich die Herren Robert Lewandowski, Adrian Ramos, Pierre-Michel Lasogga, Julian Schieber und Salomon Kalou bisher geschlagen haben bei ihren neuen Arbeitgebern.
Robert Lewandowski - neu beim FC Bayern München
Nummer zwei zu sein bedeutet beim FC Bayern München auch immer: erster Verlierer zu sein. Das hat Mario Mandzukic am Ende der vergangenen Saison zu spüren bekommen. 18 Saisontore haben den Vereinsgranden nicht genügt für eine Vertragsverlängerung, es gab da ja noch diesen Lewandowski, der es in Dortmund auf 20 Treffer gebracht hatte. Zieht man diese vom Mitbewerber ab und addiert sie beim eigenen Klub ... entsprechend schnell war die Entscheidung beim deutschen Branchenführer gefallen, zumal der Pole ablösefrei zu haben war. Zu Beginn der Saison spielte Lewandowski dann allerdings selten durch, er hatte mit Adduktorenproblemen zu tun. In der exzellent besetzten Münchner Offensive bringt es Lewandowski mittlerweile aber auf vier Treffer in acht Bundesligaspielen und ist damit zweitbester Torjäger nach Mario Götze. Auch bei seinem Trainer scheint der Angreifer einen guten Stand zu haben. Folgende Aussage von Pep Guardiola über Lewandowski ist übermittelt: „Robert hat viel gespielt, und ich war immer sehr zufrieden mit ihm.“
Pierre-Michel Lasogga - neu beim Hamburger SV
Wie fällt die Zwischenbilanz eines Stürmers aus, dessen Verein an den ersten fünf Spieltagen exakt null Treffer zustande gebracht hat? Im Fall von Pierre-Michel Lasogga durchaus positiv, und zwar nicht nur, weil er danach zwei von drei Hamburger Treffern in dieser Saison erzielt hat, darunter den siegbringenden in Dortmund. Mit Pierre-Michel Lasogga verhält es sich wie mit dem Hamburger SV im Allgemeinen: Seit der Übernahme von Trainer Josef Zinnbauer findet er langsam zu seiner Form. Das haben auch die ehemaligen Mitspieler in Berlin zur Kenntnis genommen. „Wir kennen seine Qualitäten“, sagt Herthas Kapitän Fabian Lustenberger, „trotzdem haben wir in dieser Woche den ein oder anderen Spruch liegen gelassen, dass Pierre am Wochenende kein Tor gegen uns macht.“ Hundertprozentig ausschließen lässt sich das allerdings nicht, weil Pierre-Michel Lasogga gerade dabei ist, sich eine neue, schwer zu verteidigende Kernkompetenz anzueignen. Neuerdings darf er die direkten Freistöße beim Hamburger SV ausführen, die ein Mann über Jahre für sich reserviert hatte: Kapitän Rafael van der Vaart – nicht das schlechteste Zeichen für Pierre-Michel Lasoggas Stellenwert.
Adrian Ramos - neu bei Borussia Dortmund
Die Verpflichtung des Kolumbianers Adrian Ramos ging bei Borussia Dortmund mit dem Wunsch einher, Ramos möge im Verbund mit dem Italiener Ciro Immobile den nach München abgewanderten Lewandowski ersetzen. Das ist bisher nur bedingt gelungen, ebenso wenig wie der Plan von Borussia Dortmund, das geradezu dogmatische 4-2-3-1-System der vergangenen Jahre aufzuweichen und häufiger mit zwei Stürmern zu agieren. Abseits des Spielfeldes hat sich Adrian Ramos bisher keine Verfehlungen geleistet, wie auch? Er verhält sich bei seinem neuen Klub genau so, wie er es vor seinem Wechsel bei Hertha BSC tat: sehr wortkarg, fast schon schüchtern, dabei ist sein Deutsch schon wesentlich besser geworden. „Er ist ein zurückhaltender Junge, der viel, viel selbstbewusster sein könnte aufgrund dessen, was er kann“, sagt Dortmunds Trainer Jürgen Klopp, „da sind wir dran, das zu erarbeiten.“ Fast so verlässlich wie Ramos’ Attitüde ist allerdings auch seine Quote: In der Bundesliga hat der 28-Jährige bislang zwei Tore erzielt, in der Champions League sind es derer drei. Andererseits hat Ramos Spiele auch schon anderweitig entschieden: Bei den Niederlagen auf Schalke und gegen den HSV leistete er sich zwei kapitale Abspielfehler, die zu spielentscheidenden Gegentoren führten. Genau wie für seinen Klub gilt auch für Ramos: Steigerungspotenzial definitiv vorhanden.
Julian Schieber und Salomon Kalou - neu bei Hertha BSC
Ramos nach Dortmund, Lasogga endgültig nach Hamburg, dazu lange keine Nachfolger in Sicht – es waren schon riskante Monate, die Hertha BSC da im Sommer durchlebt hat. Oder? Jos Luhukay sieht das ganz anders. „Was heißt riskant?“, sagt der Berliner Trainer, „man muss das im Gesamtzusammenhang sehen.“ Luhukays Narrativ lautet so: Hertha BSC hat beiden Spielern den Wunsch nach einem Vereinswechsel erfüllt und darüber hinaus um die 20 Millionen Euro Ablöse erzielt. „Das hat es bei uns in den letzten Jahren so nicht gegeben“, sagt Luhukay. „Deshalb mussten wir als Verein sagen: Wenn wir die beiden abgeben, hat es sich wenigstens finanziell gelohnt.“ Etwa ein Drittel dieser Ablöse haben die Berliner ihrerseits in neues Personal investiert, für jeweils drei Millionen Euro kamen Julian Schieber (aus Dortmund) und ein paar Wochen später der Ivorer Salomon Kalou (aus Lille). Schieber erwischte einen überragenden Start für seinen neuen Klub, nach zwei Spieltagen hatte er bereits drei Treffer auf dem Konto. Dass seither kein weiterer dazugekommen ist, liegt einerseits an der Verpflichtung Kalous, andererseits auch an dem Muskelfaserriss, den sich Schieber im Training zugezogen hat. Kalou bringt es ebenfalls auf drei Tore, die allesamt ziemlich wichtig waren: beim 1:0-Sieg über Wolfsburg, dem ersten der Berliner in dieser Saison, traf er per Kopf, beim 3:2-Heimsieg gegen den VfB Stuttgart sogar doppelt. „Wir sind überzeugt, dass wir im Saisonverlauf ruhigen Gewissens auf beide zurückgreifen können“, sagt Luhukay. Darüber hinaus hat der Niederländer in dieser Woche eingeräumt, ernsthaft über ein System mit zwei echten Stürmern nachzudenken, sobald Schieber wieder fit ist.
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