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PINGPONG in Peking: Das Dorf der braven Leute

Benedikt Voigt staunt nicht schlecht nach einem unfreiwilligen Spaziergang

Um das vorweg klarzustellen: Der Olympiareporter ist kein Spanner. Es hatte sich einfach so ergeben, dass er nachts in die Zimmer fremder Menschen blickte. Schuld daran sind ohnehin nur die chinesischen Sicherheitskräfte, die während der Eröffnungsfeier das olympische Gelände weiträumig abgesperrt hatten. So weiträumig, dass kein Taxi durchkam. Der Olympiareporter musste sich, wie viele andere, auf eigene Faust auf Taxisuche begeben. Sein Weg führte ihn zur Südseite des olympischen Dorfes.

Dort sucht im dritten Stock des zweiten Blocks ein afrikanisch aussehender Mann auf seinem Schrank irgendetwas. Etwas Rechteckiges liegt dort herum, es könnte sein Koffer sein. Falls das stimmt, dann scheint er seine Sachen nicht ordentlich gepackt zu haben. So lange, wie er schon herumsucht.

Im fünften Stock tippt ein Athlet – oder ist es ein Betreuer? – in seinen Computer. Zwei Wohnblöcke weiter vorne ist ein türkischer Athlet zu erkennen. Könnte allerdings auch ein Chinese sein. Die Farbe der Fahne jedenfalls, die vor seinem Fenster hängt, lässt sich im Dunkel der Nacht als Rot erahnen. Der Mann also, der eventuell ein Türke ist, geht durch sein Zimmer. Er geht zur Tür. Dann ist er weg.

Zugegeben, der Reporter hatte sich das nächtliche Leben im olympischen Dorf auch spannender vorgestellt. Wo bleiben die berühmten Partys im Dorf? Wahrscheinlich ist am ersten Tag noch niemand in Feierlaune, womöglich wohnen auf der Südseite des Dorfes nur Schützen, Judoka oder Gewichtheber, die am nächsten Morgen zum Wettkampf müssen. Oder es ist die Heimat völlig humorfreier Länder. Wenn der Olympiareporter das nächste Mal ein Taxi sucht, wird er jedenfalls lieber die Westseite des Dorfes nehmen. Wo wohnen eigentlich die Jamaikaner?

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