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Sport: Platzsperre

Der in Deutschland geborene Ali Günes darf nicht einreisen

Berlin. Den genauen Zeitpunkt des Missgeschicks weiß keiner mehr genau. Es war etwa in der dritten Woche des Fastenmonats Ramadan, also Anfang November vergangenen Jahres, als Ali Günes nicht nur ein paar Kilogramm Körpergewicht verlor, sondern auch ein wichtiges Dokument: Dem Fußballprofi vom türkischen Erstligisten Fenerbahce Istanbul wurde in seiner Wahlheimat Istanbul sein Pass gestohlen.

Zunächst wäre das kein Grund zu akuter Panik, schließlich kann das jedem mal passieren. Der in Deutschland geborene Spieler des derzeitigen Tabellendritten der türkischen Liga informierte sofort seinen in Deutschland lebenden Vater über den Verlust. Dieser ging tags darauf zur zuständigen Behörde in Villingen-Schwenningen, um einen Neuantrag zu stellen. Es war das Amt, zu dem er immer geht, wenn bürokratische Angelegenheiten für seinen hier in Deutschland geborenen Sohn anstanden. Den Pass sollte er auch problemlos bekommen.

Doch in dem neuen Pass fehlte etwas. Das merkte der Profi, als er zum Jahreswechsel nach Deutschland kommen und mit seinen Verwandten ins neue Jahr feiern wollte. Doch die Nachricht, die sein Vater ihm kurz zuvor übermittelte, wird ihn vermutlich härter getroffen haben als ein Vollspannschuss von Real Madrids Roberto Carlos. „Du kannst Silvester nicht kommen“, teilte Bekir Günes seinem Sohn am Telefon mit. „Deine Aufenthaltsberechtigung in deinem Pass ist nicht genehmigt worden.“ Der Sohn verstand die Welt nicht mehr: Seine Aufenthaltsgenehmigung war eigentlich unbefristet. In seinem alten Pass stand das jedenfalls.

Noch heute kann Vater Günes das alles nicht fassen. „Das war für uns alle ein Schock“, sagt er. Schließlich habe sich die Familie auf den Sohn gefreut. „Wir hatten ihn lange nicht mehr gesehen und haben nicht verstanden, wo das Problem liegt.“

In der Tat mutet die Situation von Günes absurd an: Einem Mann, der in Deutschland geboren ist, wird die Einreise verwehrt. Schon wollte Familie Günes eine Verschwörung ausgemacht haben, doch die zuständigen Sachbearbeiter im Ausländeramt versuchten ihn über die Rechtslage aufzuklären. Es gebe da einen Passus, erklärten sie dem aufgebrachten Vater, der besagt, dass ein in der Bundesrepublik lebender Bürger mit unbefristeter Aufenthaltsberechtigung diese verliere, wenn dieser sich mehr als ein halbes Jahr im Ausland aufhalte. Doch Bekir Günes gab sich damit nicht zufrieden. Er rekonstruierte den Zeitpunkt des letzten Aufenthalts seines Sohnes in Deutschland und stellte fest, dass Ali am 24. Juli 2003 zum letzten Mal hier gewesen war. Doch die Behörde wollte sich nicht weiter damit beschäftigen und legte den Fall zu den Akten. „Wir geben uns natürlich nicht damit zufrieden, und haben einen Anwalt eingeschaltet“, sagt Bekir Günes.

Der Vater ist auch unzufrieden mit dem Verhalten des Sohnes. „Das alles hätte meinem Sohn erspart werden können, wenn er damals die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hätte.“ Aber der wollte für die türkische Nationalmannschaft spielen und hatte seine türkische Nationalität behalten. Wann der frühere Profi vom Bundesligisten SC Freiburg wieder nach Deutschland kommen wird, ist noch unklar. Derzeit hält er sich mit seinem Verein im Trainingslager in der Südtürkei auf, wo ihm und seinen Mitspielern vom deutschen Trainer Christoph Daum die konditionellen Grundlagen für die Rückrunde antrainiert werden sollen. Aber wahrscheinlich braucht Ali Günes im Moment eher starke Nerven als eine gute Fitness.

Ozan Sakar

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