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Durchgetankt. Steve Junker (Mitte) setzte sich mit Augsburg im Halbfinale gegen den EHC Wolfsburg durch und spielt ab Dienstag gegen Hannover um die deutsche Eishockeymeisterschaft. Foto: dpa

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Sport: Play-offs als Klassenfahrt

Eisbären-Bezwinger Augsburg erreicht erstmals das Finale der DEL– ohne Geld und mit alten Werten

Eishockeyspieler, die einen Vertrag bei den Augsburger Panthern unterschreiben, haben eine klar umrissene Perspektive: Sie verbringen ein Jahr im letzten offenen Stadion der DEL, in dem im Winter zweistellige Minusgrade eher die Regel als die Ausnahme sind, beenden die Hauptrunde irgendwo zwischen Platz acht und zwölf und erreichen jedes dritte Jahr die Play-offs, wo dann verlässlich im Viertelfinale Schluss ist.

Platz acht nach der Vorrunde und der Einzug ins Viertelfinale waren dieses Jahr also durchaus im Rahmen. Aber schon der Weg dorthin war eine Überraschung: Die Adler Mannheim wurden in den Pre-Play-offs in nur zwei Spielen ausgeschaltet, dann ging es in den Play-offs gegen die Eisbären Berlin. Also alles wie immer, Aus im Viertelfinale, auf Wiedersehen. Dieses Mal nicht. Das 6:2 im fünften und entscheidenden Spiel in Berlin bedeutete den ersten Halbfinal-Einzug überhaupt. Und dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte folgte am Freitag ein noch größerer. Das 3:2 gegen Wolfsburg war der dritte Sieg im vierten Spiel und brachte Augsburg ins Finale, wo es ab Dienstag gegen Hannover geht.

Die Siegesserie ist umso absonderlicher, als dass es sie schon aus finanziellen Gründen eigentlich nicht geben dürfte. Denn während die Mäzene anderer Klubs regelmäßig auf den Listen der reichsten Männer zu finden sind, ist Augsburgs Hauptgesellschafter ein Gastwirt namens Lothar Sigl, der das „Landhaus Sigl“ betreibt. Vor fünf Jahren gab Sigl Manager Max Fedra die Möglichkeit zu einer Rückkehr ins Eishockey-Geschäft, nachdem dieser wegen Depressionen zwei Jahre pausiert hatte. Das ungewöhnliche Duo wird ergänzt von einem Trainer, der vor seinem Engagement in Augsburg mit Landsberg aus der Ober- in die zweite Liga aufgestiegen war.

In Augsburg änderte der neue Trainer vor allem das Image des Vereins.„Die Maxime hier war doch immer: Der vorletzte Platz ist schon ein Erfolg, weil wir den niedrigsten Etat der Liga haben. Diese Einstellung habe ich versucht abzuschaffen“, erinnert sich Larry Mitchell. So holte er Ausländer, die nicht wussten, dass Augsburgs letzte gewonnene Play-off-Serie aus dem Jahr 1998 datiert, und die in den letzten drei Wochen so viele Play-off-Spiele gewannen wie Augsburg zuvor in zwölf Jahren zusammen.

Und noch etwas anderes zeichnet die Panther aus, etwas, das so romantisch klingt, dass es besser ins Gründungsjahr 1878 als in die Jetztzeit passen würde: „Es ist unglaublich, aber es trifft wirklich auf die ganze Mannschaft zu: Wir sind Freunde, richtig gute Freunde“, sagt Stürmer Chris Collins. Freunde, deren Wege sich allerdings trennen werden. Schon sieben Leistungsträger haben bei anderen Klubs deutlich besser dotierte Verträge unterschrieben, was die Play-offs zu einer Art Klassenfahrt werden lässt, an deren Ende sich Freunde zum Teil für immer voneinander verabschieden.

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